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Roseln mitten in Siebenbürgen

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266<br />

Die kommunistischen Jahre<br />

Ich habe am 21.1. <strong>in</strong> Agnetheln selbst gesehen, wie etwa 20­25 sächsische Männer und<br />

Burschen von Gendarmen zu dem nach Hermannstadt fahrenden Zug gebracht und<br />

e<strong>in</strong>waggoniert worden s<strong>in</strong>d. Auf me<strong>in</strong>e Frage sagten mir e<strong>in</strong>ige, dass sie am Vortag ausgehoben<br />

worden seien und nun <strong>in</strong> das Arbeitslager von Valea Homorodului geführt würden.<br />

Zugleich klagten sie darüber, dass man sie nicht mit Marschbefehl kostenfrei befördere,<br />

sondern sie auch noch zwänge, sich ihre unfreiwillige Fahrt zu bezahlen. Tatsächlich hatte<br />

ich vorher selbst gesehen, wie viele von diesen Männern und Burschen ihren Brieftaschen<br />

je e<strong>in</strong>ige tausend Lei entnommen und das Geld gesammelt e<strong>in</strong>em der sie begleitenden<br />

Gendarmen übergeben hatten.<br />

Noch am Abend des 27.1. hat der Agnethler Gendarmeriepostenchef hier <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> auf<br />

der Gasse aus e<strong>in</strong>er größeren Anzahl sächsischer Burschen willkürlich zwei herausgegriffen<br />

und nicht mehr freigelassen. Dem e<strong>in</strong>en von ihnen, dem am 17.9.1928 geborenen, also<br />

erst 17 ½­jährigen Mart<strong>in</strong> Balthes HNr. 19 (früher 7), hat er, wie mir dessen Mutter nachher<br />

berichtet hat, gesagt, er suche e<strong>in</strong>en andern Mart<strong>in</strong> Balthes, der bei der SS gewesen<br />

sei – aber nun solle er statt dessen mitkommen. Der Zweite, Thomas Balthes HNr. 198<br />

(früher 120), zeigte dem Chef e<strong>in</strong> ärztliches Zeugnis, laut dem er erst vor kurzem Rippenfellentzündung<br />

gehabt hat und noch ke<strong>in</strong>e schwerere Arbeit verrichten darf, aber ohne<br />

Erfolg. Die beiden Burschen wurden festgehalten und am nächsten Morgen nach Schäßburg<br />

zur Gendarmerielegion, von dort aber dann über Agnetheln Richtung Hermannstadt<br />

geführt – angeblich nach Ploescht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Fabrik zur Arbeit. Es ist aufgefallen, dass die<br />

Gendarmen die beiden Burschen nicht, wie das sonst immer geschehen ist, zuerst aufs<br />

Geme<strong>in</strong>deamt geführt, sondern sie bis zu ihrer Weiterbeförderung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Privathaus<br />

festgehalten haben. Daraus glauben die Leute schließen zu dürfen, dass die Gendarmen<br />

selbst gewusst hätten, dass sie die Burschen nicht hätten ausheben und wegführen dürfen.<br />

Im übrigen heißt es, dass <strong>in</strong> diesen Tagen alle Gendarmerieposten der Umgebung je zwei<br />

sächsische Männer oder Burschen ausgehoben hätten.“<br />

Csallner berichtet an das Landeskonsistorium:<br />

„In den letzten vierzehn Tagen s<strong>in</strong>d hier wiederholt jüngere Männer und Burschen von<br />

der Gendarmerie ausgehoben und gleich mitgenommen worden, oder sie haben den Befehl<br />

bekommen, sich e<strong>in</strong> oder zwei Tage später beim Gendarmerieposten <strong>in</strong> Agnetheln zu<br />

melden und für zehn Tag Essen mitzubr<strong>in</strong>gen, weil sie auf Arbeit geführt werden würden.<br />

Es haben nicht immer alle gefolgt. Die aber gefolgt haben, s<strong>in</strong>d immer wieder nach Haus<br />

geschickt worden, e<strong>in</strong>ige allerd<strong>in</strong>gs erst, nachdem man sie von Agnetheln nach Schäßburg<br />

zur Gendarmerielegion geführt hatte. Man hat den E<strong>in</strong>druck gehabt, dass tatsächlich ke<strong>in</strong>e<br />

ersten Aushebungen mehr erfolgten, sondern alles nur noch den Zweck habe, uns zu verwirren<br />

und zu quälen.<br />

Nun s<strong>in</strong>d heute nach[t] wieder Gendarmen <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>de gekommen, um e<strong>in</strong>e größere<br />

Anzahl unserer Männer und Burschen zum Arbeitsdienst auszuheben. Sie haben sie aber<br />

nicht selbst abgeholt, sondern, wie sie das <strong>in</strong> letzter Zeit schon wiederholt gemacht haben<br />

sollen, Zigeuner um sie geschickt. Diese s<strong>in</strong>d, mit Stöcken und Stangen bewaffnet, zwischen<br />

4 und 5 Uhr früh z. T. mit Gewalt <strong>in</strong> unsere Höfe und Häuser e<strong>in</strong>gedrungen und<br />

haben unsere Leute bedroht und beschimpft. In e<strong>in</strong>zelnen Häusern haben sie, um nach<br />

Versteckten zu suchen, alles umgedreht und <strong>in</strong> Stall und Scheune mit Heugabeln <strong>in</strong> das<br />

Heu und Stroh gestochen. E<strong>in</strong>ige Sachsen – ich habe noch nicht feststellen [können], wie<br />

viel – s<strong>in</strong>d mit Fäusten und Knütteln schwer geschlagen worden, darunter e<strong>in</strong>e ältere Frau<br />

und zwei Burschen aus Neudorf, die gestern den Gottesdienst hier besucht haben. Die<br />

Zigeuner haben ihre Gastgeber gezwungen, auch für sie Essen für zehn Tage e<strong>in</strong>zupacken,<br />

weil sie auf Arbeit geführt werden müssten. In der Geme<strong>in</strong>dekanzlei s<strong>in</strong>d dann e<strong>in</strong>ige

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