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Roseln mitten in Siebenbürgen

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1944 bis 1990<br />

4.4 Verstaatlichung, besetzung, übergabe<br />

4.4.1 Die Besetzungen der Häuser und die Kolonisten 55<br />

Die Besetzungen der Häuser begannen wahrsche<strong>in</strong>lich erst im Jahre 1946. Es ist<br />

durchaus möglich, dass der 24. Juni und der 2. Juli 1946 Stichtage dafür waren, da <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Aktenbündel, das sich mit Enteignungen befasst, für <strong>Roseln</strong> diese beiden Tage<br />

angegeben s<strong>in</strong>d, ohne weitere Spezifikation. Im Falle von Magarei s<strong>in</strong>d für dessen Stichtag<br />

89 Hausnummern angeführt.<br />

Schon 1945, als die Enteignung der Äcker begann, wurde e<strong>in</strong> Komitee gebildet, dessen<br />

Führer den Namen „Weißkopp“ erhielt. Es waren drei Zigeuner und fünf Rumänen,<br />

die mit Stöcken bewaffnet durch die Geme<strong>in</strong>de g<strong>in</strong>gen und alle Tiere aufschrieben, um<br />

sie bald <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sitzung aufzuteilen. Diejenigen, denen sie dort zugesprochen wurden,<br />

durften sie sich abholen.<br />

Fast jede Familie <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de, besonders die, deren Grund auf Hügeln lag, hatte<br />

e<strong>in</strong> Paar Ochsen, da nur die stark genug waren, Lasten auch den Berg hoch zu ziehen<br />

oder dort mit ihnen zu pflügen. Außerdem hatten viele Familien junge Ochsen, Tulak 56<br />

genannt, zum Verkaufen.<br />

Schon bald nach Kriegsbeg<strong>in</strong>n musste Familie Rochus Nr. 22 zwei Pferde nach Agnetheln<br />

abliefern. Sie wurden requiriert. Davon waren viele Familien <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> betroffen.<br />

Nun kam e<strong>in</strong>es Tages 1945 e<strong>in</strong> Zigeuner, nahm ihre Kuh an die Kette und zog sie h<strong>in</strong>ter<br />

sich zum Tor h<strong>in</strong>aus. Ihre zweite Kuh wurde wenig später dem Notär Eugen Marandici<br />

zugesprochen. Er war erst seit März 1947 nachweislich <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de. Bis Juni 1946<br />

amtierte noch Petru Maniu. Marandici ließ Familie Rochus die Kuh, sie mussten ihm<br />

nur allabendlich e<strong>in</strong> bestimmtes Quantum Milch h<strong>in</strong>tragen. Ihre Ochsen wurden der<br />

Familie Rogoz zugesprochen. Sie durften auch diese behalten, füttern, pflegen und<br />

benützen, wenn nicht gerade Familie Rogoz ihrer bedurfte. So kamen sie ziemlich gut<br />

mite<strong>in</strong>ander aus. Sie wussten damals noch nicht, dass ihr Enkelsohn sich e<strong>in</strong>es Tages<br />

sogar e<strong>in</strong>e Tochter jener Familie zur Frau erwählen würde.<br />

So g<strong>in</strong>g es zwei Jahre <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de um. Wenn das Komitee hörte, dass irgendwo<br />

noch Tiere oder Güter waren, die irgende<strong>in</strong>en Bezug zur Landwirtschaft hatten, wurden<br />

sie beschlagnahmt. Auch g<strong>in</strong>g das Komitee immer wieder auf die Suche, um zu f<strong>in</strong>den,<br />

was vielleicht vor ihnen verborgen worden war. Nach und nach hatten sie ihnen alle<br />

Tiere genommen, erst das Großvieh, dann Schwe<strong>in</strong>e und Schafe. E<strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong> konnte<br />

Familie Rochus unter Heu <strong>in</strong> der Scheune verstecken. Sie hielten dort auch ihren Hund<br />

angebunden. Se<strong>in</strong> Gebell überdeckte das Grunzen und andere Geräusche des Borstentiers.<br />

So konnte es im Verborgenen bis zum Schlachten gefüttert werden. Das war<br />

damals, als man ke<strong>in</strong>e Haustiere mehr haben durfte.<br />

Zur Familie Mart<strong>in</strong> Klockner 110 kam e<strong>in</strong>es Tages e<strong>in</strong> Rumäne und nahm ihnen die<br />

letzte Kuh. Umsonst bat die Hausmutter, mit Rücksicht auf die große Familie und vor<br />

allem die kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>der oder auch bloss aus Barmherzigkeit, ihnen doch die letzte Kuh<br />

zu lassen. Der Mann nahm sie und g<strong>in</strong>g mit ihr zum Tor h<strong>in</strong>aus. Da rief, vom Zorn über<br />

55 Dieses Kapitel schöpft aus Nr. 670 des Fonds der Präfektur Große Kokel 1892­1950, Nr. 1073,<br />

des Staatsarchivs Neumarkt a. M.<br />

56 Ungarisch: Öchsle<strong>in</strong>.<br />

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