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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Unsere Er<strong>in</strong>nerungen und Gedanken<br />

Beispielen aufwarten. E<strong>in</strong> Teil der angeführten Laute s<strong>in</strong>d jedoch auch für andere Dialektgebiete<br />

kennzeichnend: Die ū- sowie ui-Aussprachen stimmen mit dem Unterwald<br />

übere<strong>in</strong>, ebenso das Wort Flatrawəichen (Mundharmonika; siehe dazu auch weiter unten),<br />

wenn auch <strong>in</strong> etwas anderer Aussprache. Ob das e<strong>in</strong> Zufall ist?<br />

Im Unterschied zu der bunten Fülle mundartlich­lokaler Vokale bestimmen Mitlaute<br />

(Konsonanten) die Stellung e<strong>in</strong>es Ortsdialektes im größeren Raum, hier <strong>in</strong> Südsiebenbürgen.<br />

Der „Siebenbürgisch­Deutsche Wortatlas“ erstellt anhand von Musterwörtern<br />

e<strong>in</strong> konsonantisches Sprachgerüst, das das Südsiebenbürgische auch <strong>in</strong> süd­nördlicher<br />

Richtung, d. h. nach dem Gang der Besiedlung, <strong>in</strong> geografische Abschnitte zerlegt. Für<br />

<strong>Roseln</strong> ist aber die Trennungsl<strong>in</strong>ie West|Ost <strong>in</strong> den Aussprachen breong (braun) und<br />

dem östlicheren brom, brem (letzteres <strong>in</strong> Reps) wichtig. Wie <strong>in</strong> breong steht hier auch <strong>in</strong><br />

Lengdäoch (Le<strong>in</strong>tuch) geografisch das letzte -ng, denn die Mundart liegt außerhalb der<br />

Zone, <strong>in</strong> der neng (neun), Fungkich (Pfannkuchen), Säongdich (Sonntag) oder Häongt<br />

(Hund) – so <strong>in</strong> Agnetheln – gesprochen wird. <strong>Roseln</strong> kennt diesbezüglich nur das erweichte<br />

­ny- und für ­t <strong>in</strong> Leute, Zeit abschließendes ­tch wie im Repser Lotch, Zetch;<br />

ähnlich wird die Lautverb<strong>in</strong>dung und wie änd mundartlich ausgesprochen, nämlich<br />

Hoantch (Hund) sowie Huəntch (Hände) – was mit Huəntch (Honig) leicht verwechselt<br />

werden kann. Auch diese uns geläufigen tch­Laute s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der gegenwärtigen deutschen<br />

Mundart­Forschung unbekannt.<br />

Zwei andere Lautveränderungen s<strong>in</strong>d heute vor allem noch <strong>in</strong> der östlichen Hälfte des<br />

Dialektgebietes zu hören: das d im mundartlichen scheddeln (schütteln) wandelt sich <strong>in</strong><br />

<strong>Roseln</strong> zu schiereln (schütteln), der Puedel zu Puerel (Pfütze) wie im b<strong>in</strong>nendeutschen<br />

Siegerland. Das r <strong>in</strong> Årbert (Arbeit) geht auf Agnetheln zurück.<br />

Das siebenbürgische L ist häufig e<strong>in</strong> sehr „dickes“ L; es kann aber auch ganz vorne<br />

gesprochen und erweicht werden und so wird Kaule (Vertiefung) zu Koly. In e<strong>in</strong>em<br />

Hattertnamen des Jahres 1590 hat der Schreiber es im Siebenbürgisch­sächsischen Wörterbuch<br />

Auf dem leim koylen mit oi vermerkt. Auch diese sprachliche Eigenheit, an der<br />

<strong>Roseln</strong> teilhat, ist noch nicht untersucht worden, aber es ist sicher, dass ihre „Wurzeln“<br />

teilweise zu den bairischen Dialekten führen. Damit ist abermals e<strong>in</strong> deutlicher H<strong>in</strong>weis<br />

gegeben, dass auch bayrische Siedler <strong>in</strong>s Repser Ländchen zugezogen s<strong>in</strong>d. Auch das<br />

nächste Beispiel weist auf süddeutsche Zusiedler h<strong>in</strong>, denn wir bilden wie diese sogar<br />

im Siebenbürgerdeutsch die Mehrzahl von Wagen mit Umlaut: der Wagen, die Wägen.<br />

Über die Aussprache des g e<strong>in</strong>e Regel aufzustellen, ist noch komplizierter: der Wagen<br />

bekommt <strong>in</strong> der mundartlichen Mehrzahl Waojen e<strong>in</strong> j; aber schon <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>zahl Wagen<br />

ist im Dialekt bloß e<strong>in</strong> g­ähnlicher Laut zu hören, der <strong>in</strong> der deutschen Sprache fehlt<br />

(desgleichen <strong>in</strong> mager: das Siebenbürgisch­sächsische Wörterbuch schreibt dafür -γ- (<strong>in</strong><br />

älterer Schreibung auch ġ); am Wortende wird g <strong>in</strong> Weg als ch gesprochen: Wiech (so<br />

häufig auch im Norddeutschen).<br />

Die Aussprache des ch richtet sich <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> und Umgebung nicht nach der deutschen<br />

Regel bzw. Sprechgewohnheit, derzufolge im Wort Tochter e<strong>in</strong> Ach­Laut (κ), <strong>in</strong><br />

der Mehrzahl Töchter aber der Ich­Laut (χ) steht; die Rosler sprechen beide Male den<br />

Ich­Laut. Für ähnliche Fälle lassen sich viele Beispiele f<strong>in</strong>den: Reps Dueχter | Dieχter;<br />

gebracht brōχt; Nacht Nōχt; Getreide als Sammelbegriff Frucht Fruχt, während es <strong>in</strong> Hermannstadt<br />

mit Ach­Laut Duchter, bruecht, Nuecht und Frucht lautet.<br />

Zu den siebenbürgischen Merkmalen gehört ortsweise auch die stimmhafte (härtere)

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