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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Kriegsjahre<br />

September 1944<br />

Von Michael Andree<br />

Es war e<strong>in</strong> regnerischer Tag, als ich mit me<strong>in</strong>em Vater <strong>in</strong> der Falmenhom unterwegs<br />

war. Ich war damals 15 Jahre alt und me<strong>in</strong> Vater vertraute mir e<strong>in</strong> Geheimnis an: „Du,<br />

pass auf: In unserer Scheune ist e<strong>in</strong> deutscher Soldat versteckt!“<br />

Wir hatten damals, wie man <strong>in</strong> Deutschland sagt, e<strong>in</strong>en Aussiedlerhof <strong>in</strong> der Falmenhom,<br />

wo wir im Sommer das Vieh halten konnten. Da gab es zwei große Zimmer, Keller<br />

und zwei Ställe für die R<strong>in</strong>der. Ebenso befand sich da e<strong>in</strong> Schuppen, wo man den Wagen<br />

im Trockenen halten konnte. Da war auch e<strong>in</strong>e große Scheune, wo der Elas Dieter war.<br />

Damals hieß er noch Elas und nicht Ehlers.<br />

Die erste Begegnung hatte Dieter mit e<strong>in</strong>em Sachsen aus Probstdorf, der hatte auch<br />

e<strong>in</strong>e Hütte auf se<strong>in</strong>em Grundstück. Hier hat er ihn gefunden, es war <strong>in</strong> der Nähe von<br />

unserem Grund. Es war Stentzel aus Probstdorf, der hatte mit me<strong>in</strong>em Vater gesprochen,<br />

und so ist Dieter bei uns gelandet.<br />

Nun hieß es schweigen! Me<strong>in</strong>e Schwester Sofia und ich mussten vor Gott schwören,<br />

dass wir niemandem etwas verraten würden. Me<strong>in</strong>e anderen Geschwister wussten nichts<br />

von unserem Geheimnis.<br />

Der versteckte deutsche Soldat hatte se<strong>in</strong> Quartier auf dem Dachboden über dem<br />

Schuppen, der war voller Heu. Er konnte durch das Haus auf den Schuppen gelangen<br />

und konnte die Leiter hochziehen. In besagtem Schuppen wachte e<strong>in</strong> Hund namens<br />

Sultan. Er war wirklich e<strong>in</strong> treuer Sultan.<br />

Jeden Tag, wenn wir zu Dieter kamen, wurde erst Sultan begrüßt. Da wusste Dieter,<br />

dass wir kamen. Dann g<strong>in</strong>gen wir durch das Haus auf die Bühne und brachten ihm das<br />

Essen. E<strong>in</strong>mal am Tag hatte er se<strong>in</strong> warmes Essen, und sonst immer e<strong>in</strong>en Vorrat: mehr<br />

als e<strong>in</strong> Kilogramm Speck und e<strong>in</strong>en 3­4­Kilo­Laib hausgebackenes Brot und Senf. Für<br />

mich war damals der Senf nicht essbar. Und übrigens gab es damals nur <strong>in</strong> Agnetheln<br />

Senf zu kaufen, auf dem Land, d. h. <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong>, gab es solch ausgefallene Sachen nicht.<br />

Spät um Mitternacht machte Dieter mit Sultan se<strong>in</strong>en Spaziergang. Er war sehr sportlich<br />

und abgehärtet, er zog selten dicke Sachen an. In se<strong>in</strong>em Versteck, im Heu, bestand<br />

se<strong>in</strong> Bettzeug aus dicken Wolldecken und e<strong>in</strong>em Schafspelz. Damals war e<strong>in</strong> sehr nasser<br />

und kühler Herbst mit viel Regen. So konnte man an manchen Tagen gar nicht aufs<br />

Feld zum Arbeiten. An solchen Tagen ritt ich mit me<strong>in</strong>em Pferd h<strong>in</strong>aus und brachte<br />

unserem Soldaten das Essen. Dieter las viel und wir sorgten dafür, dass er immer Bücher<br />

hatte, aber mit Ende des Herbstes kamen die langen und kühlen Nächte. Es wurde<br />

immer kälter. Aber Dieter fror <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Quartier nicht. Wie ich schon erwähnt habe,<br />

war er sehr abgehärtet.<br />

An e<strong>in</strong>em Morgen, als wir h<strong>in</strong>auskamen und Sultan Guten Morgen wünschten, kam<br />

Dieter aus se<strong>in</strong>em Versteck und erzählte, er habe <strong>in</strong> der Nacht zwei se<strong>in</strong>er Landsleute<br />

getroffen. Auf unserer Wiese hatten wir noch e<strong>in</strong>e große Scheune, und da g<strong>in</strong>g er immer<br />

bei se<strong>in</strong>en nächtlichen Spaziergängen vorbei. In dieser Nacht hätte Sultan gebellt und<br />

als, er gerufen habe, da hätten sich zwei Soldaten gemeldet. Die blieben jedoch nur zwei<br />

oder drei Tage da. Nachdem diese beiden Soldaten von me<strong>in</strong>em Vater Verpflegung und<br />

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