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Roseln mitten in Siebenbürgen

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1944 bis 1990<br />

Kathar<strong>in</strong>a Andree, geb. Rochus, erzählt: Sie hatten e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Wohnung und wollten<br />

bauen, mit Rücksicht darauf wurde bei ihnen niemand e<strong>in</strong>quartiert.<br />

Die Familie Albrich 117 erhielt den Rumänen zugewiesen, der <strong>in</strong> der bescheidensten<br />

Hütte nahe der orthodoxen Kirche wohnte. Als er von den Mächtigen der Geme<strong>in</strong>de<br />

bedrängt wurde, er müsse <strong>in</strong> „se<strong>in</strong> neues Haus“ ziehen, nahm er se<strong>in</strong>en schönsten<br />

Wandteppich und befestigte ihn an der Wand der vordersten Stube von Albrich, blieb<br />

aber weiter <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em ärmlichen Häuschen.<br />

Der Kolonist Georg Ana (Ana Gheorghe) erzählte dem Verfasser 2005, die Männer<br />

ihrer Geme<strong>in</strong>de im Siebenbürgischen Erzgebirge seien Waldarbeiter und Zimmermänner<br />

gewesen. Kartoffeln gediehen bei ihnen nicht. Von 1939 bis 1945 war er e<strong>in</strong>gerückt,<br />

aber nicht an der Front, sondern bei der Flugabwehr und um Brücken im Land<br />

zu bewachen. Im Jahr 1946 kam er nach <strong>Roseln</strong>. Damals waren bei ihnen die 25­ bis<br />

40­Jährigen aufgerufen worden, <strong>in</strong> die Dörfer der Sachsen zu gehen, da man diese umsiedeln<br />

werde. Es wurde ihnen versprochen, sie würden dort Besitz erhalten, die aber<br />

<strong>in</strong> ihrer Geme<strong>in</strong>de blieben, würden später doch ausgesiedelt werden. Zuerst musste er<br />

aber heiraten. Die Züge waren damals überfüllt, also reiste er auf dem Dach, wie er<br />

wusste und konnte. Se<strong>in</strong> Gepäck wäre ihm gewiss gestohlen worden, hätte er es <strong>in</strong> den<br />

Waggon getan. In <strong>Roseln</strong> angekommen, wurde er zu Balthes, dem Jäger, e<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Er erhielt 5 Hek tar Acker und e<strong>in</strong>e Kuh. Se<strong>in</strong>e Eltern wurden zum Nachbarn Rochus<br />

(Tam) e<strong>in</strong>gewiesen. Zuerst hätten sie <strong>in</strong> den h<strong>in</strong>teren Stuben, wohl der Sommerküche,<br />

gewohnt, aber dann wurde davon gesprochen, dass man die Sachsen aus ihren ehemaligen<br />

Häusern <strong>in</strong> solche der Zigeuner stecken wolle. Daher wurden sie von den Sachsen<br />

gebeten zu tauschen, so dass sie <strong>in</strong> den vorderen Stuben und die ehemaligen Besitzer<br />

<strong>in</strong> den bescheideneren h<strong>in</strong>teren wohnten. So lebten sie zehn Jahre zusammen, bis er im<br />

Jahre 1956 die Hofstelle erhielt, auf der er sich im Laufe e<strong>in</strong>es Jahres se<strong>in</strong> eigenes Haus<br />

im Rohbau errichtete, im zweiten Jahr vollendete er es dann.<br />

In dem Jahr (etwa 1956) verließen e<strong>in</strong>ige Kolonisten <strong>Roseln</strong>, da sie sich ke<strong>in</strong>e Häuser<br />

bauen wollten.<br />

Georg Anas Nachbar<strong>in</strong> kam aus Ponoreni. Sie waren acht Geschwister daheim, aber<br />

von allen acht kam alle<strong>in</strong> sie. Mit ihrem Gatten wurde sie zu Altkurator Widmann<br />

e<strong>in</strong>gewiesen. Ihr Mann war Zimmermann gewesen und arbeitete vornehmlich an Dachstühlen.<br />

E<strong>in</strong>e dritte Nachbar<strong>in</strong>, die h<strong>in</strong>zukam, erzählte ebenfalls 2005, dass sie zehn Jahre alt<br />

war, als sie mit ihren Eltern nach <strong>Roseln</strong> kam. Sie waren sieben Geschwister und wurden<br />

zu Johann Fleischer (dem Letchewer) e<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Den „Geist der Zeit“ erfassen wir aus Dokumenten der näheren und weiteren Umgebung.<br />

Hier e<strong>in</strong>ige Beispiele, 58 die zwar nicht explizit auf <strong>Roseln</strong> zutreffen, aber die<br />

allgeme<strong>in</strong>e Lage <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong> widerspiegeln.<br />

In e<strong>in</strong>em Bericht an das Innenm<strong>in</strong>isterium schilderte die Präfektur, dass die meisten<br />

den Sachsen enteigneten Wirtschaften an Ortse<strong>in</strong>wohner gegeben wurden, nur e<strong>in</strong> Teil<br />

an Kolonisten. Die an Kolonisten verliehenen Wirtschaften seien zum großen Teil <strong>in</strong> er­<br />

58 Das Folgende stammt aus den Archivalien des Staatsarchivs <strong>in</strong> Neumarkt a. M.<br />

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