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Roseln mitten in Siebenbürgen

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1944 bis 1990<br />

stets versuchen, „durch Gewissensweckung bei den Machtausübenden den Dienst der<br />

Nächstenliebe zu fördern“ 43 .<br />

In der Mappe der Akten des Bürgermeisteramtes <strong>Roseln</strong> von 1948 f<strong>in</strong>det sich folgender<br />

Akt:<br />

„Notiz e<strong>in</strong>es Telefongesprächs. An das Bürgermeisteramt der Geme<strong>in</strong>de <strong>Roseln</strong>.<br />

Ergreifen Sie dr<strong>in</strong>gende Maßnahmen zur E<strong>in</strong>berufung Jugendlicher von 16 Jahren aufwärts<br />

für die Baustelle Cuciulata und die nationalen Baustellen, für freiwillige Arbeit.<br />

Zu diesem Zweck werden Sie aufklären und die Jugendlichen bestimmen, die auf diese<br />

Baustellen gehen, wobei Sie besonders Jugendliche der reicheren Bewohner ihres Ortes <strong>in</strong>s<br />

Augenmerk nehmen werden.<br />

Die Jugendlichen sollen sich am 11. August um 18 Uhr abends <strong>in</strong> Agnetheln unter Leitung<br />

e<strong>in</strong>es Beauftragten des Bürgermeisteramtes melden.<br />

Das Bürgermeisteramt hat für den Transport zu sorgen.<br />

Die Verwaltungsbeamten selbst bleiben verantwortlich über die E<strong>in</strong>berufung der Jugendlichen<br />

auf die Baustellen.<br />

Unter diesen werden 3 Rumänen und 7 Sachsen se<strong>in</strong>.<br />

Sie werden Kleider zum wechseln und kalte Nahrung für drei Tage bei sich haben.<br />

Prätor Imbăruş. Kreissekretär der Jugend Moga Angel.“<br />

Im rechten oberen Eck dieses mit Schreibmasch<strong>in</strong>e geschriebenen Zettels steht, schräg<br />

geschrieben: „Es konnte nicht e<strong>in</strong> [unbekanntes, unleserliches Wort] Freiwilliger geschickt<br />

werden.“ E<strong>in</strong>e unbekannte Unterschrift. 44 Ob und wie viel der uns Unbekannte<br />

mit der Nichtbefolgung des Befehls riskierte, entzieht sich unserer Kenntnis, ebenso<br />

se<strong>in</strong>e Motive.<br />

Die Enteignungen dauerten vom April 1945 bis Ende 1948. Manchmal waren es Aktionen,<br />

<strong>in</strong> denen an e<strong>in</strong>em Tag viel und viele enteignet wurden: des Bodens, des Viehs,<br />

der Geräte, des Kle<strong>in</strong>viehs, ihrer Wohnung, an anderen Tagen traf es nur Vere<strong>in</strong>zelte.<br />

Zwei der gewiss schwersten Tage <strong>Roseln</strong>s wurden bei der Präfektur notiert: Es waren der<br />

24. Juni und der 2. Juli 1946; 45 wahrsche<strong>in</strong>lich wurden damals Häuser enteignet.<br />

E<strong>in</strong> typischer Fall für die Verhältnisse jener Zeit ist der E<strong>in</strong>zug des Zigeuners Nicolae<br />

Ciorogar auf den Predigerhof am 15. Juli 1946. Nachdem dieser se<strong>in</strong>en Entschluss<br />

zuerst der dort wohnenden Lehrer<strong>in</strong> Gärtner mitgeteilt hatte, die es sofort dem Pfarrer<br />

weitermeldete, kam Ciorogar, während Pfarrer, Kurator und Kirchenvater am gleichen<br />

Abend vor dem Predigerhof die Lage berieten, drang trotz deren Protest <strong>in</strong> den Predigerhof<br />

e<strong>in</strong> und brach e<strong>in</strong>e Türe auf. Zuletzt erklärte er, unter allen Umständen am nächsten<br />

Tag dort e<strong>in</strong>zuziehen. Presbyter Gull wurde beauftragt, gleich am Morgen fernmündlich<br />

den Gendarmerieposten <strong>in</strong> Agnetheln zu verständigen, während alle Presbyter auf dem<br />

Predigerhof das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen abwehren sollten. Ciorogar versprach am nächsten Morgen,<br />

43 LKZ Nr. K.499/1946.<br />

44 Akten des ehemaligen Bürgermeisteramtes <strong>Roseln</strong> 1948, im Bürgermeisteramt Agnetheln.<br />

45 Im Staatsarchiv Neumarkt a. M., fond 2, unter dem Stichwort „Enteignungen“ f<strong>in</strong>den sich<br />

noch folgende Notizen: Marktschelken 18. Februar 1946, Magarei 23. März und 28. Juli<br />

1946 dazu 89 Namen, Mortesdorf 17. April 1946, Lasseln 14. Mai 1948, 11. August 1946<br />

(Enteignung von 11 Häusern) und 21. Mai 1946 (<strong>in</strong> dieser Reihenfolge).<br />

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