Roseln mitten in Siebenbürgen

1500 bis 1848
Exkurs: 1719 – Die Pest in Roseln
Am 13. März 1719 starb die alte Thomas Mertenin40 , deren Ruf­ oder Mädchennamen
wir nicht kennen. Sie tauschte, wie der Pfarrer in der Matrikel vermerkte, das Leben
mit dem Tode, eine alte Witwe. Wann ihr Mann gestorben und ob die drei Söhne alle
noch lebten, ist uns auch nicht bekannt. Aber am 9. April folgte ihr die Hann Petrusin, 41
nach dreißig Jahren der Witwenschaft, von der uns fast noch weniger bekannt ist. Familiennamen
scheinen damals in Roseln noch nicht üblich gewesen zu sein. Thomas
Merten tragen wir zwar mit dem Familiennamen Merten ein und der hält durch drei
Generationen, aber dann heißt eine Enkelin plötzlich Martini und verdeutlicht, dass
dieser Familienname von einem Vornamen herkommt. Gleichzeitig finden wir auch
eine andere Linie Martini. Ob nicht doch eine Verwandtschaft zwischen beiden besteht?
Oder war Merten ein Hofname? Eigentlich könnte man denken, auch Petrusin wäre ein
Familienname. Aber nein, da ist es Hann. Leicht möglich, dass ihr Gatte Hann war, also
Bürgermeister oder Richter, in Roseln die gleiche Funktion. Vielleicht, wahrscheinlich
heißt sie Petrusin, weil ihr Gatte von allen mit seinem Vornamen gerufen wurde. Hann
bleibt Familienname, ebenfalls durch drei Generationen.
Am 16. Juni wird ein frommer Mann begraben, Johannes Balthes (Boltes oder
Boltez), den das Volk den „Agnethler“ nennt. 42 Auch in diesem Fall wird dieser Alias
(Austauschname) schon bei der Tochter zum Familiennamen. Sie schreibt sich43 Anna
Agnethlers.
Am 3. August wird Martini Schmiedts Tochter Martha begraben, die die Gattin eines
gewissen Germani war. 44 Vielleicht Teutsch oder Teutschländer? Gilt vielleicht ein Zugewanderter
nichts vor der Einheimischen? Wir wissen es nicht. Am gleichen Tage hat
die Pest, die schon länger Siebenbürgen heimsucht auch Roseln erreicht:
„An demselben Tage wird abseits in die Erde gelegt die Tochter Andreas Roths, ebenso die
andere Tochter den 18. August ohne Zeremonien, welche beide von der Pest ausgelöscht
wurden.“ 45
Die eine im Alter von sieben Jahren, der anderen Alter kennen wir nicht. An eben dem
18. August wird auch das zweijährige Söhnlein Michael des Michael Tischler von der
Pest dahingerafft.
Einen Monat später folgt das einjährige Knäblein Johannes des Johannes Orends (Orhendi,
Ohrendy). Am selben Tage werden auch Andreas Roth, 46 der Sohn des Johann
40 Matrikel 1680. „S. 61“, Jahr 1719: „D. 13. Marty: |Vitam cum morte mutavit: vidua Senex
Thomae | Mertenin.“ Thomas Merten hieß der Gatte, Thomas Mertenin wurde seine Frau
genannt: Die angefügte Endung „­in“ identifizierte sie als Ehefrau.
41 Ebenda: „9. April: Sequitur Hani Petrusin, quo vidua fuit | p. Anos 30.“
42 Ebenda: „d. 15 Juny Sepultus est vir pius Johannes Boltez aut Agnethler dictus apud vulgum.“
43 In Siebenbürgen wird man nach dem Namen gefragt mit: „Wie heißt man dich?“ Darauf wird
mit dem Dorfnamen, das heißt, mit dem im Dorf gebräuchlichen Umgangsnamen, geantwortet.
Darum muss weitergefragt werden: „Und wie schreibt man dich?“
44 Ebenda: „d. 3 August sepulta Martha Martini Schmiedts Filia, conjux cujusdam Germani.“
45 Ebenda: „Eidem die oculte seposita in Terra, Filiola | Andreae Roths. Altera Filiola perinde d.
18. Augusti absqu Ceremoniis. quo ambo peste extincti.“
46 Ebenda: „d. 18 7bri. Peste extincti, Andreas Roth, una cum Conjuga.“
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