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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Aus ältester Zeit<br />

es festschreibt, zugleich auch änderte: Hier wurde erlaubt, zusiedelnden Polen ebenfalls<br />

deutsches Recht zu verleihen, dort wurden bestimmte Marktfreiheiten zeitlich begrenzt.<br />

Hier wurde Magdeburger Recht, dort das der Flamen (Flamigorum), dann das derer<br />

aus Burg 15 oder e<strong>in</strong>fach „ihr eigenes Recht“ (ius suum) angesprochen. E<strong>in</strong>mal wurde <strong>in</strong><br />

flämischen, dann <strong>in</strong> fränkischen Hufen gemessen. All jene Rechte galten der im Vertrag<br />

genannten Person oder Gruppe, deren hergebrachtes Recht respektiert wurde. Sie galten<br />

alle<strong>in</strong> dem begrenzten Bereich, der im Vertrag mit der betreffenden Person festgesetzt<br />

wurde. Gleiches f<strong>in</strong>det sich auch <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong> vorher und nachher für Geme<strong>in</strong>den<br />

außerhalb des Königsbodens. Das Andreanum setzt dagegen umfassendes Territorialrecht<br />

(von Broos bis Draas), ohne das Personenrecht aufzuheben, <strong>in</strong>dem das Gewohnheitsrecht<br />

gelten sollte, das der eigene Richter sprach. Implizit waren damit örtliche<br />

Abweichungen möglich. In den ersten Jahrhunderten konnten sogar Fremde auf diesem<br />

Boden siedeln, außer Adligen, die ihr Personenrecht sonst mitgebracht hätten. Doch<br />

sogar Adlige s<strong>in</strong>d aus frühester Zeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Urkunden bezeugt; dass sie Anspruch auf<br />

ihre Adelsrechte erhoben hätten und dadurch Probleme schufen, ist uns nicht bekannt.<br />

Doch folgerichtig wuchs später e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Recht. Das Eigenlandrecht war vorprogrammiert.<br />

Dass die Ansiedler ihre Pfarrer selbst wählen durften und ihnen den Zehnten gaben,<br />

ist beachtlich, denn das Kirchenrecht entwickelte sich damals andernorts genau <strong>in</strong><br />

entgegengesetzter Richtung. Es ist kaum anzunehmen, dass der König das Anerbieten<br />

dafür stellte, vielmehr ist dies als Bitte oder Forderung der Siedler zu verstehen. Was er<br />

aber – wir nehmen an – der zweiten Gruppe der Ansiedler gewährte, denn die ersten<br />

gaben den Zehnten dem Bischof von Weißenburg, genehmigte er später auch anderen<br />

Gruppen. 16 Noch später Zusiedelnden genehmigte er nur noch die Wahl, während der<br />

Zehnte dem Bischof von Weißenburg gegeben werden musste.<br />

Wie kamen die Ansiedler zu solcher Forderung? Wir nehmen an, die Gedanken und<br />

Worte der Prediger lebten <strong>in</strong> ihnen weiter. Gut motivierte, gleichzeitig gemäßigte Geistesbewegungen<br />

können über Jahrhunderte fortwirken. Die Geschichte bietet Beispiele<br />

dafür. Zeugnisse dafür zu erbr<strong>in</strong>gen, mangels schriftlicher Unterlagen, wird fast unmöglich<br />

se<strong>in</strong>. Doch des Geistes Wehen lässt sich nicht ersticken. Der Geist weht, wo er will.<br />

Er weht auch, wie er will. Das ist nun ke<strong>in</strong>eswegs so zu verstehen, als seien alle E<strong>in</strong>wandernden<br />

gleichermaßen von Glaubensbewegung ergriffen gewesen, doch die führende<br />

Schicht. Gewiss auch die nicht gleichgeschaltet, sondern – viele Köpfe, viele S<strong>in</strong>ne – die<br />

aber schließlich – heute würden wir sagen: „<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em demokratischen Prozess“ – zu der<br />

E<strong>in</strong>heit fanden, die wir nachträglich feststellen können.<br />

Karl Re<strong>in</strong>erth hat vorreformatorische siebenbürgische Messbücher, <strong>in</strong> denen sich die<br />

Gebete und liturgischen Stücke der Gottesdienste aufgezeichnet f<strong>in</strong>den, mit verschiedenen<br />

anderer Gegenden verglichen und weist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Schriften den E<strong>in</strong>fluss der<br />

Tradition vor allem kölnischer Kirchenprov<strong>in</strong>z nach. Auffallend ist, dass sich z. B. <strong>in</strong><br />

den persönlichen Vorbereitungsgebeten der Priester vertieftes Sündenbekenntnis und<br />

fast reformatorische Formulierungen f<strong>in</strong>den:<br />

15 Wahrsche<strong>in</strong>lich ist ebenfalls Magdeburg geme<strong>in</strong>t.<br />

16 Dietrich Kurze, Pfarrerwahlen im Mittelalter, sowie ders.: Klerus, Ketzer, Kriege und Prophetien,<br />

besonders S. 144.

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