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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Unsere Er<strong>in</strong>nerungen und Gedanken<br />

Hof. Hier setzte der Leichenzug sich <strong>in</strong> Bewegung bis zum Friedhof, wo die Beerdigung<br />

stattfand. Beim dritten Läuten, mit allen drei Glocken, versammelten sich die Adjuvanten<br />

vor der Schule, wo sie auf den Pfarrer warteten, um geme<strong>in</strong>sam zur Beerdigung zu<br />

gehen.<br />

Wenn der Pfarrer bei den Adjuvanten e<strong>in</strong>traf, f<strong>in</strong>g die große Glocke an zu läuten und<br />

hörte erst auf, wenn diese Gruppe vor das Tor des Trauerhauses trat. Die Adjuvanten<br />

spielten den Choral „Christus, der ist me<strong>in</strong> Leben“. Währenddessen holten der Nachbarvater<br />

und die vier jüngsten Nachbarn den Toten ab. Der Nachbarvater war dazu<br />

verpflichtet, folgende Worte zu sagen:<br />

„Niudiem de Sta<strong>in</strong>d eru getruden äs und dá Kliuke gerofen hun, se mer kun ausen Niuber<br />

(Niubran) ufzefordern und án ze bauden zer oiwije Reh. Mir häulde bittlich un, am án<br />

foljen ze liussen.“<br />

Nachdem die Stunde e<strong>in</strong>getreten ist und die Glocken gerufen haben, s<strong>in</strong>d wir gekommen<br />

unseren Nachbarn (Nachbar<strong>in</strong>) abzufordern und zur ewigen Ruhe zu betten. Wir halten<br />

bittlich an, um ihn folgen zu lassen. 5<br />

Antwort von den Leidtragenden: 6 „Vun Harzen garn!“ – Von Herzen gern.<br />

Da nun der Sarg im Hof war, sangen die Adjuvanten den Choral „Schlaf Vater ...“<br />

oder „Schlaf Mutter nun im stillen Frieden, du hast vollbracht den Erdenlauf.“<br />

Danach folgte die Ansprache, <strong>in</strong> der erwartet wurde, dass der Pfarrer etwas aus dem<br />

Lebenslauf des Verstorbenen wiedergab. Mit Gebet und e<strong>in</strong>em Segenswunsch schloss<br />

die Andacht im Hof. Daraufh<strong>in</strong> sangen die Adjuvanten, nach altem Brauch, den Choral<br />

„Wo f<strong>in</strong>det die Seele die Heimat, die Ruh“. Dann war es soweit, sich auf den Weg zum<br />

Friedhof zu machen.<br />

„Wohlauf, wohlan, zum letzten Gang.<br />

Kurz ist der Weg, die Ruh ist lang.<br />

Gott führet aus, wohlan, h<strong>in</strong>aus.<br />

Ke<strong>in</strong> Bleiben ist im Erdenhaus.“<br />

Allen voran g<strong>in</strong>gen die Adjuvanten, dann kam der Pfarrer, ihm folgte die Nachbarschaft,<br />

dann sechs Männer, die den Sarg trugen, und die Trauerfamilie. Den Schluss bildeten<br />

die Frauen der Nachbarschaft und die anderen E<strong>in</strong>wohner des Dorfes. Auf dem Weg<br />

zum Friedhof wurden meistens 3­4 Leichenmärsche gespielt, zum Beispiel „Ewiger Frieden“,<br />

„Ruh <strong>in</strong> Frieden“ oder „Memoriam“.<br />

Wenn der Leichenzug im Leichengässchen ankam, wurde mit allen drei Glocken<br />

geläutet bis sich der Sarg am Friedhofe<strong>in</strong>gang befand. Dann nahmen alle Männer ihren<br />

Hut ab, um dem Toten die Ehre zu erweisen.<br />

Nun g<strong>in</strong>gen die Adjuvanten <strong>in</strong> die „Tornatz“ 7 ; dort spielten sie den letzten Marsch,<br />

während die Trauergäste sich um das Grab versammelten. Im Anschluss sprach der Pfarrer<br />

das „Vaterunser“. Wenn jüngere Leute gestorben waren, sagte der Kurator oder e<strong>in</strong><br />

Freund noch e<strong>in</strong> paar Trauerworte, nachdem die Adjuvanten das Lied „Wie nahe mir<br />

me<strong>in</strong> Ende“ gespielt hatten; dies war jedoch erst <strong>in</strong> den letzten Jahren der Fall.<br />

5 Folgen lassen = freigeben.<br />

6 Die H<strong>in</strong>terbliebenen.<br />

7 Die Tornatz ist auf dem Friedhof e<strong>in</strong> Unterstand für die Adjuvanten. Die Bezeichnung geht<br />

vermutlich auf ung. torna = Türmchen zurück.

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