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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Unsere Er<strong>in</strong>nerungen und Gedanken<br />

kommen, wurde ich von der selbsternannten „Ortspolizei“ wieder vertrieben, obwohl<br />

ich den Überweisungssche<strong>in</strong> des Arztes besaß.<br />

1946­1948 habe ich mich <strong>in</strong> Agnetheln versteckt. Me<strong>in</strong>e Mutter lebte <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong>. Zu<br />

ihr konnte ich <strong>in</strong> den Jahren nur heimlich <strong>in</strong> der Nacht gehen. In jener vom Samstag<br />

zum Ostersonntag 1948 wurde ich von zwei Soldaten gestellt und gefangen genommen.<br />

Sie brachten mich nach Schönberg. Unterwegs wurde auch Thomas Rochus (Nr. 83)<br />

gefangen genommen.<br />

Nachdem wir an den Händen ane<strong>in</strong>andergekettet worden waren, brachte man uns<br />

zur Gendarmerie. Dort wurden wir wieder von den Ketten befreit, um nachts um drei<br />

Uhr den Garten umzugraben. Um sechs Uhr kam der zuständige Kommandant und<br />

stellte fest, wir hätten genug geschafft. Er wollte uns nicht behalten, sondern sandte uns<br />

zu Fuß <strong>in</strong> das achtzehn Kilometer weit entfernte Henndorf zur Bezirkse<strong>in</strong>heit. Der dort<br />

zuständige Kommandant wurde daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong>formiert, dass zwei Gefangene da waren.<br />

Völlig betrunken kam er und befahl se<strong>in</strong>en sechs bewaffneten Soldaten, auf uns aufzupassen.<br />

Nachdem er gegangen war, wurden wir von diesen zusammengeschlagen und<br />

anschließend an den Türrahmen gekettet, wo wir etwa neun Stunden lang stehen mussten.<br />

Spätabends kam der Kommandant wieder, überreichte e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>er Soldaten e<strong>in</strong>en<br />

Korb mit 100 Eiern, den ich zu tragen hatte, sowie zehn Kilo Mehl <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Sack, der<br />

Thomas Rochus zugewiesen wurde, und befahl, dass wir nach Schäßburg <strong>in</strong>s Gefängnis<br />

gebracht werden sollten. Um drei Uhr morgens fuhren wir ab.<br />

Während der ganzen Reise mussten wir die Mitbr<strong>in</strong>gsel des Kommandanten hüten.<br />

In Schäßburg angekommen, mussten wir zunächst die Sachen wegbr<strong>in</strong>gen. Das Mehl<br />

brachten wir zu e<strong>in</strong>em Advokaten, der unsere Bewacher nach unseren Vergehen fragte.<br />

So erfuhren wir, dass wir Schafe gestohlen und geschlachtet hatten. – Die Eier musste<br />

ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong> anderes Haus tragen. Da wohnte die Frau e<strong>in</strong>es Feldwebels, Popescu, der im<br />

Gefängnis arbeitete, e<strong>in</strong>e Sächs<strong>in</strong>. Sie erschrak über unseren jammervollen Zustand,<br />

denn es war für jedermann offensichtlich, dass wir zusammengeschlagen worden waren.<br />

Sie forderte, ich solle die Sachen <strong>in</strong>s Haus br<strong>in</strong>gen, und sah sich dabei me<strong>in</strong>e Wunden<br />

an, erkundigte sich genau nach dem Vorgefallenen. Sie versprach, ihren Mann zu <strong>in</strong>formieren,<br />

damit er uns bald freilassen könnte. Dies wäre die e<strong>in</strong>zige Möglichkeit, um<br />

im Krankenhaus untersucht zu werden. Letztendlich ist sie dann wirklich mit uns <strong>in</strong>s<br />

Krankenhaus gegangen, wo Dr. Onaca nach gründlicher Untersuchung e<strong>in</strong> ärztliches<br />

Gutachten erstellte und dann unsere Wunden verpflegt wurden. Im Anschluss daran<br />

brachte sie uns zum Gerichtshof, wo wir e<strong>in</strong>e Strafanzeige wegen Körperverletzung erstatteten.<br />

Sämtliche Kosten, die dabei entstanden, trug sie. Dafür<br />

und für alles, was sie für uns getan hat, b<strong>in</strong> ich ihr bis heute sehr<br />

dankbar. E<strong>in</strong>ige Zeit später b<strong>in</strong> ich wieder zu ihr nach Schäßburg<br />

gefahren, um me<strong>in</strong>e Schulden zu begleichen. Bei diesem Besuch<br />

fragte sie mich, ob ich die rumänische Militärdienstpflicht abgeleistet<br />

hätte. Sie gab mir damit zu verstehen, dass das die e<strong>in</strong>zige<br />

Möglichkeit sei, um die Rumänische Staatsbürgerschaft zu erlangen<br />

und so zukünftig frei zu se<strong>in</strong>. Daher brachte sie mich noch am<br />

gleichen Tag zur Musterung.<br />

Drei Monate später bekam ich me<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>berufung zum rumänischen<br />

Militär. Nach drei weiteren Monaten erhielt ich die

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