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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Unsere Er<strong>in</strong>nerungen und Gedanken<br />

worden. Dazu zählen siebenbürgische Wörter wie: Prätz­ oder Pätztroch (Brunnentrog),<br />

Kium (Kahm) für Schimmelbelag auf Flüssigkeiten. Der Kampest (rohes oder gesäuertes<br />

Kraut), de Pip (Pfeife, Fassverschluss), aber auch die Wörter (<strong>in</strong> Hermannstadt gesprochen:)<br />

Plach (Pflug), Pohl (Pfahl), Plånz (Pflanze, Kohlsetzl<strong>in</strong>g), pläken (pflücken), Pil<br />

(Pfühl, Kopfkissen), Pīrsch (Pfirsich) u. a. Bemerkenswert ist, dass sie <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong><br />

be<strong>in</strong>ahe alle ihren alten p-Anlaut behalten haben. Zu dieser Gruppe gehören auch Wörter<br />

wie Schoiërz (Scherze, Baumr<strong>in</strong>de etwa zum Bereiten von Gerberlohe) oder Alaun,<br />

das <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> teilweise das late<strong>in</strong>ische a- bewahrt hat: Alom, <strong>in</strong> Hermannstadt aber Long<br />

heißt.<br />

Geht man der geografischen Herkunft der Wörter weiter nach, so f<strong>in</strong>det man unter<br />

den alten Mundartwörtern verschiedene deutsche Landschaften vertreten. Sie zeigen<br />

wieder an, dass die siebenbürgischen Siedler im Laufe der Zeit aus den unterschiedlichsten<br />

Gebieten e<strong>in</strong>gewandert s<strong>in</strong>d. Das häufig erwähnte Flandern ist durch das<br />

Salzkipperchen (das e<strong>in</strong>st hölzerne Salzbüchschen) vertreten; das Norddeutsche durch<br />

unsere Kartschun (Truthahn oder ­henne), denn dort heißt kratschen – gellend schreien<br />

(im großen Deutschen Wörterbuch ist das Tier nur e<strong>in</strong>mal erwähnt, bei uns aber verbreitet),<br />

auch H<strong>in</strong>tschen (Handschuh), Blom (Blume), Farken (Ferkel) s<strong>in</strong>d im Norden<br />

beheimatet. – An den Rhe<strong>in</strong> führen Wörter wie Gäkaorsch (Hagebutte) sowie goa i ken<br />

(jucken), aber dort hat es e<strong>in</strong> anlautendes j-, heißt also Jückarsch; auch de Purz (die Pforte)<br />

<strong>in</strong> Purzegass (Kronstadt), vergleichbar der Alzener Puertendir (gleichfalls e<strong>in</strong> altromanisches<br />

Wort) sowie das Roslerische hoipern (sich auf die Zehenspitzen stellen, um<br />

besser zu sehen) s<strong>in</strong>d rhe<strong>in</strong>isch sowie das Fälpes (Füllfass, großer Korb) und der Wanyert<br />

(We<strong>in</strong>garten, W<strong>in</strong>gert). Dem Schweizer Chroter, südsiebenbürgisch Krader (Frosch) hat<br />

<strong>Siebenbürgen</strong> für e<strong>in</strong>e Zeit das Überleben gesichert, da er dort als Wort längst ausgestorben,<br />

bei uns aber weit verbreitet ist. Aus dem Süddeutschen hat die Mundart das<br />

Letschef (bairisch für Wirtshaus, das e<strong>in</strong> Leitgeb, e<strong>in</strong>e We<strong>in</strong>­Ausgabe ist) übernommen<br />

sowie de Waimer (We<strong>in</strong>beere, Traube); aber auch den Bäck/Beck (Bäcker), die Scheuer<br />

(Scheune), Geiß (Ziege), Leiche (Begräbnis), den Boachel (Büchel, niederer Berg, Bühel)<br />

u. a. Nicht gar so alt s<strong>in</strong>d die Wörter, die während der Habsburger Herrschaft aus Österreich<br />

übernommen wurden. Besonders was mit Küche und Kochen <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

steht, wurde meist neu entlehnt: Der Dreifuß, das Pfefferkraut (Estragon), der Gäkaursch<br />

(Hagebutte), det Lächen (Spülen der Wäsche) u. a. wurden weitgehend ersetzt durch<br />

Ra<strong>in</strong>del, Bertram, Hätschempätsch, fleien (spülen) und das Wort Kuchel (Küche) steht<br />

auch erst seither im Gebrauch sowie die Eigenschaftswörter herzig, heiklig oder roglich<br />

(unfest).<br />

Zum neueren und teilweise doch älteren Wortschatz gehören die entlehnungen aus<br />

der ungarischen und rumänischen Sprache. Über diese E<strong>in</strong>zelwörter ist auch manch slawisches<br />

Element e<strong>in</strong>geflossen. Die häufig anzutreffende slawische Gech (<strong>in</strong> Kampestgech,<br />

Krautbrühe im Bottich) ist schon vor 1500 <strong>in</strong> der deutschen Sprache vermerkt und ist<br />

auch <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong> gebräuchlich.<br />

Die ungarischen (madjarischen) Entlehnungen stammen aus der Zeit nach der E<strong>in</strong>wanderung<br />

der Sachsen; Datierungen s<strong>in</strong>d nicht bekannt. Bis heute haben sich e<strong>in</strong>ige<br />

Grundwörter durchgehend <strong>in</strong> allen Mundarten erhalten, wie Schäp (im Anlaut wie<br />

Gendarm gesprochen) für Kleidertasche, Bika (Stier), teilweise Zäkwī (Kamille), Gatch/<br />

Gatsch, roslerisch Goatch (Unterhose) sowie Poila (Spielball) <strong>in</strong> mundarteigener Aus­

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