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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Das älteste Rosler Kirchenrechnungsbuch<br />

da dafür ke<strong>in</strong>e Ausgaben angesetzt ersche<strong>in</strong>en. Für die Abendmahlsfeier waren Oblaten<br />

erforderlich. Diese zu backen war e<strong>in</strong>e Aufgabe des „Glöckners“, e<strong>in</strong>es Gehilfen des<br />

„Schulmeister“. Die Kirchenväter stellten ihm bloß das erforderlich fe<strong>in</strong>e Mehl bei und<br />

spendeten ihm, der vor dem offenen Herdfeuer an Hitze und Durst litt, jedesmal – bis<br />

fünfmal im Jahre – e<strong>in</strong> Achtel We<strong>in</strong> als erfrischenden Trunk. In der gleichen Weise<br />

entlohnten sie auch „die Jungen“, die mit dem staubaufwirbelnden Kehren der Kirche<br />

betraut waren. Es dürften die sogenannten „Schuljungen“ gewesen se<strong>in</strong>, die bei der<br />

Kirchenmusik mithalfen und zu Glöcknern, Kantoren und wenns gut g<strong>in</strong>g, auch zu<br />

Schulmeistern emporwuchsen. Wer außer den Lehrern und diesen jungen Helfern noch<br />

zu den „Scholastikern“ gehörte, die an den Festtagen für die beigestellte Kirchenmusik<br />

auch durch e<strong>in</strong>ige „Achtel“ von den Kirchenvätern geehrt wurden, läßt sich leider nicht<br />

feststellen.<br />

Auf e<strong>in</strong>e ihrer Ausgaben sei schließlich noch h<strong>in</strong>gewiesen, da sie öfter wiederkehrt.<br />

Sie lassen den „Chorkittel“ für den Pfarrer und den auch nach der Reformation beibehaltenen<br />

Helfer, den „Prediger“, herrichten oder neuherstellen. Es handelte sich um<br />

den weißen Le<strong>in</strong>enrock, der für die Abendmahlsfeier über das sonstige Amtskleid des<br />

Geistlichen angelegt wurde. <strong>Roseln</strong> gehörte also zu den Geme<strong>in</strong>den, die, abweichend<br />

von Hermannstadt und Kronstadt, die alten prunkvollen Meßgewänder beseitigt hatten<br />

und dafür ihren Geistlichen im S<strong>in</strong>ne des Synodalbeschlusses vom Jahre 1557 für die<br />

Abendmahlsfeier <strong>in</strong> der Kirche den weißen Chorrock beistellten.<br />

II. 79<br />

Die E<strong>in</strong>nahmen des Kirchenfondes flossen hauptsächlich aus zwei Quellen. Die ergiebigere<br />

bildete der Fruchtpacht von den sogenannten Medemäckern. Unter Medem<br />

verstand man <strong>in</strong> sächsischen Siedlungen e<strong>in</strong>e Fruchtabgabe von gepachteten Grundstücken,<br />

vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, von solchen, deren Pachtertrag<br />

für Kirchenzwecke gewidmet war. Es kam vor, daß die Gesamtgeme<strong>in</strong>de bestimmte<br />

Flurteile dafür aussonderte; <strong>in</strong> solchem Falle lagen die Medemäcker an e<strong>in</strong>er oder e<strong>in</strong>igen<br />

wenigen Stellen der Feldmark beisammen. In <strong>Roseln</strong> war, nach den im Rechnungsbuch<br />

enthaltenen Verzeichnissen, die Sachlage e<strong>in</strong>e andere. Die Medemäcker lagen<br />

<strong>in</strong> verschieden großen Teilstücken über die ganze Feldmark zerstreut; auch lassen die<br />

späteren Verzeichnisse e<strong>in</strong>en Zuwachs von neuen Ackerstücken erkennen, ja es wird <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen Fällen solchen Zuwachses ausdrücklich bemerkt, dass die betreffenden Äcker<br />

von Geme<strong>in</strong>emitgliedern zur Vermehrung der kirchlichen Medemgrundstücke gewidmet<br />

worden seien, „zum Zeichen wahrer Buße“, wie e<strong>in</strong>er der Widmenden angegeben<br />

hatte. In gleicher Weise werden auch die älteren Medemäcker durch Schenkungen von<br />

Geme<strong>in</strong>demitgliedern an die Kirche gekommen se<strong>in</strong>, wie denn e<strong>in</strong> Verzeichnis die<br />

kennzeichnende Überschrift trägt: „Pia piorum legata“ d. h. „fromme Widmungen der<br />

Frommen“. So verstanden s<strong>in</strong>d diese Medemverzeichnisse e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvoller Beweis<br />

für die kirchentreue, opferwillige Ges<strong>in</strong>nung der jungen evangelischen Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong><br />

<strong>Roseln</strong>. Es sei hier noch h<strong>in</strong>zugefügt, daß die Rosler Kirche noch e<strong>in</strong>ige „propria jugera“,<br />

eigne, also seit Alters ihr gehörige Äcker besaß, meist <strong>in</strong> größeren Stücken, wohl<br />

die ursprüngliche Kirchenhufe; den Ertrag dieser Äcker aber hatte die Geme<strong>in</strong>de dem<br />

79 Anm. C.W.: Fortsetzung im Siebenbürgisch­Deutschen Tageblatt vom 8.3.1936, Nr. 18867.<br />

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