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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Unsere Er<strong>in</strong>nerungen und Gedanken<br />

Stiefmutter bitte nichts!“ Georg Zucker kam und flüsterte, ich solle hochkommen. Da<br />

wusste ich, dass ich irgendwoh<strong>in</strong> musste.<br />

In der Zeit, <strong>in</strong> der ich ke<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zu Dieter hatte, erfuhr er, dass <strong>in</strong> Schönberg<br />

e<strong>in</strong> paar se<strong>in</strong>er Landsleute waren. Auch <strong>in</strong> Neudorf hatte er Kontakt zu deutschen<br />

Soldaten. E<strong>in</strong>es Abends musste ich noch zu später Stunde nach Schönberg reiten. Das<br />

Pferd musste ich aus dem Stall stehlen, damit me<strong>in</strong>e Stiefmutter nichts mitbekam. Mit<br />

e<strong>in</strong>er Meldung g<strong>in</strong>g es zu Familie Re<strong>in</strong>er. Dort, h<strong>in</strong>ter der Kirche, waren mehrere Soldaten,<br />

die etliche Funkgeräte hatten, und durch mich wurden auch weitere verständigt.<br />

E<strong>in</strong>mal kam Georg und bestellte mich wieder zu Albrichs. Dieter war im Haus. Wir<br />

grüßten uns wie immer mit e<strong>in</strong>em festen Händedruck. Da fragte er mich, ob ich e<strong>in</strong>en<br />

zuverlässigen Freund habe? Ich konnte sagen: „Ja, Dieter! Ich habe e<strong>in</strong>en!“ „Und wer<br />

ist dieser Kerl?“ „Das ist me<strong>in</strong> Vetter, Alfred Gull.“ Der war damals fünfzehn Jahre alt.<br />

Ich g<strong>in</strong>g gleich zu Gulls und holte Fred. Er stellte sich Dieter vor und musste den<br />

Schwur leisten. Dann g<strong>in</strong>g es los: e<strong>in</strong>mal wurde Alfred, e<strong>in</strong>mal ich geschickt.<br />

Alfred sandte Dieter an e<strong>in</strong>em Sonntag nach Neudorf, natürlich auch zu Pferd, und<br />

natürlich wusste dessen Mutter auch nichts davon. Er musste zum Pfarrer nach Neudorf<br />

reiten, hat ihm e<strong>in</strong>en Zettel überreicht, der Pfarrer gab Alfred e<strong>in</strong>e Pistole, die er Dieter<br />

mitbrachte. Solche Aufgaben mussten wir ausführen.<br />

E<strong>in</strong>mal mussten wir beide nach Schönberg reiten, und zwar wieder zu Re<strong>in</strong>ers. Es war<br />

Mitternacht und weil es so kalt war und viel Schnee hatte, ritten wir über den Hattert,<br />

nicht über den Weg, um niemandem zu begegnen. Wegen der Dunkelheit und der späten<br />

Stunde ritten wir zu zweit.<br />

Um e<strong>in</strong>e Zeit kam Georg Zucker nicht mehr. Die Verb<strong>in</strong>dung zu Dieter riss ab. Die<br />

letzte Nachricht erhielt ich im Februar 1945. Frühjahr und Sommer war er <strong>in</strong> der Feta<br />

bei Saharia Newodar. 3<br />

Am 29. Juni, am Peter­und­Pauls­Tag, fand unser Kronenfest im Schulhof statt. Dort<br />

kam e<strong>in</strong> Junge auf mich zu, und sagte mir: „Du sollst mit Gull Alfred zu Albrich Anna<br />

117 gehen!“ Ich nahm me<strong>in</strong>en Vetter und g<strong>in</strong>g h<strong>in</strong>. Da stand Dieter plötzlich vor uns.<br />

Wir unterhielten uns e<strong>in</strong> wenig, danach haben wir ihn nicht mehr gesehen.<br />

Me<strong>in</strong> Vater war Ende Oktober 1945 mit e<strong>in</strong>em Krankentransport nach Hause gekommen.<br />

Ich erzählte ihm, dass ich noch mit Dieter Verb<strong>in</strong>dung hatte, er schüttelte<br />

bloß mit dem Kopf ... Me<strong>in</strong>e Stiefmutter wusste nichts mehr von Dieter.<br />

Ende der 60er Jahre war me<strong>in</strong> Vater e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Agnetheln und traf zufällig se<strong>in</strong>en<br />

Kollegen Krauss, <strong>in</strong> dessen Haus Dieter auch e<strong>in</strong>e Zeit lang versteckt war. Er erzählte,<br />

dass Dieter es geschafft hätte und 1945 zu Weihnachten zu Hause <strong>in</strong> Hamburg verlebte.<br />

Im Januar 1973 erhielt ich e<strong>in</strong>e Ausreiseerlaubnis – durch Beziehungen, wie es damals<br />

war – und gleich für 3 Monate. Die Adresse von Dieter Ehlers erhielt ich von Frau<br />

Krauss. Zu der Zeit wohnte er schon <strong>in</strong> Baden­Baden, wo ich ihn dann auch besuchte.<br />

Das war e<strong>in</strong> Wiedersehen nach 28 Jahren! Me<strong>in</strong> Nachbar, Girst Alfred, half mir, mich<br />

mit Dieter telefonisch zu verb<strong>in</strong>den. Als er me<strong>in</strong>e Stimme hörte, sagte er: „Misch, bist<br />

3 Auch zu den ehemaligen Legionären, die sich <strong>in</strong> der Siedlung des e<strong>in</strong>stigen Fettendorf versteckten,<br />

hatte Ehlers Beziehungen. Vgl. dazu Karl­He<strong>in</strong>z Brenndörfer: Banditen, Spio ne<br />

oder Helden? Bewaffneter antikommunistischer Widerstand <strong>in</strong> Rumänien 1948­1962. Dort<br />

auf S. 48 ist die Feta (rum. Fetea) etwas südlich von dem Pfeil, der nach Noul Săsesc zeigt, zu<br />

denken. Auf den folgenden Seiten wird der später erfolgte Kampf beschrieben.

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