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Roseln mitten in Siebenbürgen

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2. PFArrer und kIrche<br />

Als Pfarrer <strong>in</strong> roseln<br />

Von Wieland Graef<br />

Me<strong>in</strong>e Vikarszeit <strong>in</strong> Agnetheln, von Juni 1961 bis August<br />

1962, neigte sich dem Ende zu, als e<strong>in</strong>es Tages der damalige<br />

Kurator von <strong>Roseln</strong>, Johann Klockner, im Agnethler Pfarramt<br />

auftauchte und mit der ihm eigenen lächelnd­verschwörerischen<br />

Miene um e<strong>in</strong>e Aussprache bat. Ich führte ihn <strong>in</strong> den<br />

Vikarsbereich, der sich <strong>in</strong>nerhalb des großen Pfarramtsraumes<br />

befand, nur durch den langen, hohen Schrank getrennt, <strong>in</strong> dem<br />

me<strong>in</strong>e Habseligkeiten untergebracht waren, und e<strong>in</strong> Bett, e<strong>in</strong>en<br />

Tisch und e<strong>in</strong>en Stuhl enthielt.<br />

Er auf dem Stuhl sitzend und ich auf dem Bett, eröffnete er mir, dass er Auftrag vom<br />

Rosler Presbyterium habe, bei mir anzufragen, ob ich bereit wäre, Pfarrer <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> zu<br />

werden. Er schilderte die Situation der Kirchengeme<strong>in</strong>de, damals an die 700 Seelen, den<br />

Gottesdienstbesuch, der – besonders <strong>in</strong> Bezug auf die Teilnahme der Männer – besser<br />

se<strong>in</strong> könne, die Tradition der Passionsandachten, aber auch die Treue und Tatkraft der<br />

Geme<strong>in</strong>deglieder, wenn es um Geme<strong>in</strong>schaftsarbeiten am Kirchengebäude, Friedhof<br />

oder Pfarrhaus g<strong>in</strong>g. Er beschrieb auch den Humor und die Tanzfreudigkeit der jüngeren<br />

Frauen und Männer, wenn im Anschluss an die Fastenzeit und den Richttag, nach<br />

den drei Nachbarschaften getrennt, diese zum fröhlichen – und gelegentlich übermütigen<br />

– Fastnachtfeiern zusammenkamen. Augenzw<strong>in</strong>kernd warnte er vor Versuchen<br />

der Feiernden, den Pfarrer, der alle drei Nachbarschaften zu deren Zusammenkunft<br />

beehren musste, durch laufendes Auffüllen se<strong>in</strong>es We<strong>in</strong>glases unter den Tisch zu tr<strong>in</strong>ken.<br />

Mit kenntnisreicher Präzision g<strong>in</strong>g er sodann auf die Wohnverhältnisse <strong>in</strong> dem<br />

überdimensio nalen Pfarrhaus und die mit der Pfarrstelle verbundenen Verpflichtungen<br />

der Kirchengeme<strong>in</strong>de gegenüber dem Stellen<strong>in</strong>haber e<strong>in</strong>.<br />

Demzufolge blieb die Witwe des überaus beliebten und <strong>in</strong> der Landeskirche geschätzten<br />

Pfarrvorgängers Andreas Sche<strong>in</strong>er, die sehr resolute Berchta Sche<strong>in</strong>er, im Pfarrhaus<br />

wohnen und belegte das früher als Amtsraum dienende, große Zimmer. Auch e<strong>in</strong>en<br />

Teil des Gartens bewirtschaftete sie weiter. Natürlich gab es vom Raumangebot her ke<strong>in</strong><br />

Problem. Aber würde sich das Nebene<strong>in</strong>ander von Vorgängergewohnheiten und Nachfolgererwartungen<br />

bewähren?<br />

Für den Kandidaten vorteilhaft war die Regelung, so der Kurator, dass jeder Hof des<br />

Dorfes verpflichtet war, e<strong>in</strong> bestimmtes Quantum an Holz zum Heizen des Pfarrhauses<br />

und e<strong>in</strong>e Fuhre Mist für den ca. e<strong>in</strong>en halben Hektar umfassenden Garten zu stellen.<br />

Problematisch blieb die Tatsache, dass es ke<strong>in</strong> fließendes Wasser gab und der Brunnen<br />

im Garten h<strong>in</strong>ter dem Pfarrhaus öfters versiegte, so dass gegebenenfalls Wasser aus dem<br />

Dorfbrunnen, ca. 100 Meter unterhalb des Pfarrhauses gelegen, <strong>in</strong> zwei Eimern mühsam<br />

den Hang zum Haus h<strong>in</strong>aufgeschleppt werden musste.<br />

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