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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Typisch <strong>Roseln</strong><br />

Duft. Es roch sauer und unappetitlich. Solcherlei Gedanken wagten wir nicht auszusprechen.<br />

Es war unser tägliches Brot für die nächsten zwei Wochen. Manche Frauen<br />

me<strong>in</strong>ten, es sei besser, wenn das Brot alt ist. Dann essen die K<strong>in</strong>der nicht so viel, dann<br />

reicht es länger.<br />

Diesmal kamen wir mit vier Broten daheim an. Manchmal, wenn es frisch war, pulten<br />

wir e<strong>in</strong> Loch <strong>in</strong> die R<strong>in</strong>de und holten das schwammige Innere heraus. Mutti schimpfte<br />

deswegen jedes Mal. Heute legten wir drei Brote gleich <strong>in</strong> den Keller aufs Apfelbrett.<br />

E<strong>in</strong>es trugen wir <strong>in</strong>s Haus. Mutti schnitt es an, legte die Scheiben an den Rand der<br />

Herdplatte und röstete sie. Das Schwe<strong>in</strong>efett, das wir darauf strichen, zerlief und zog <strong>in</strong>s<br />

Brot e<strong>in</strong>. Es schmeckte uns.<br />

Wenn wir das dritte Brot aus dem Keller holten, hatte es schon e<strong>in</strong> paar weiße Schimmelflecken<br />

außen. Es schmeckte dumpf, nach e<strong>in</strong>em Gemisch von feuchter Erde, Dunkel,<br />

Äpfeln, Kartoffeln, Möhren und Sauerkraut. Eben nach Keller. Die weißen Flecken<br />

wurden weggeschnitten, Mutti spritzte e<strong>in</strong> paar Tropfen Wasser auf den Laib und schob<br />

ihn <strong>in</strong> den Backofen. Schon bald erfüllte der Geruch von gebackenem Brot die Küche.<br />

Mit dem Messerrücken klopfte Mutti die heiße, verbrannte Kruste ab. Unser altes Brot<br />

hatte e<strong>in</strong> neues Aussehen, e<strong>in</strong>en frischen Geschmack. Es schmeckte uns.<br />

Heute ist unser Brot immer frisch. Wir können wählen und bestimmen, ob wir es<br />

weiß, halbweiß, schwarz, mit ganzen, geschroteten oder gemahlenen Körnern, bemehlt<br />

oder unbemehlt, aus Roggen­, D<strong>in</strong>kel­, Vollkorn­ oder Weizenmehl, mit oder ohne<br />

Jodsalz, Kartoffeln, Sauerteig oder Quark, <strong>in</strong> Laib­, Stollen­, Fladen­ oder Kastenform<br />

haben möchten.<br />

Brot ist für uns ke<strong>in</strong> Traum mehr. Ab und zu, bevor ich es anschneide, zeichne ich mit<br />

dem Messer auf die Unterseite e<strong>in</strong> Kreuz. Das machte Baltes­Tante, unsere alte Nachbar<strong>in</strong>,<br />

immer.<br />

Vom Kreuz geht Leben aus.<br />

Brot ist Leben.<br />

Danke für das Brot.<br />

Kirche und Schule<br />

lagen nicht nur <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong><br />

nahe beie<strong>in</strong>ander.<br />

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