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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Stabil unter wechselnden Herrschern<br />

2.2 die zeit von 1500 bis nach 1700<br />

Im Reformationsjahrhundert bestimmten die verlorene Schlacht von Mohács 1526<br />

und der Tod König Ludwigs II. den Gang der Ereignisse. <strong>Siebenbürgen</strong> kam unter die<br />

Oberherrschaft der Türken, wurde aber auch e<strong>in</strong> selbständiges Fürstentum. Gerade<br />

dadurch konnte die Reformation <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong> unbeh<strong>in</strong>dert durchgeführt werden.<br />

Es war für die Sachsen wie Heimkommen. Viele hatten die Urheimat verlassen, nicht<br />

alle<strong>in</strong> weil der Raum eng wurde, sondern weil sie sich e<strong>in</strong>er Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft<br />

verbunden fühlten, die dort, <strong>in</strong> dem fernen Land, gelebt werden sollte. Das Wort von<br />

der zukünftigen Stadt, mit all dem, was dabei mitschw<strong>in</strong>gt, vielleicht auch von dem<br />

himmlischen Jerusalem, das für jeden se<strong>in</strong>e besonderen H<strong>in</strong>tergründe und Tragweite<br />

hat, mag beigetragen haben. Dies ist nicht zu belegen, aber auch nicht von der Hand zu<br />

weisen, denn christlicher Glaube wurde davon allezeit getragen und bewegt. Während<br />

Theologen zu Recht das Zentrum der christlichen Botschaft und ihr Ziel ganz anders<br />

begründen, beschreiben, formulieren, die Apokalyptik, Endzeit­Prophezeiungen und<br />

Wiederkunftshoffnung für sie fast belanglos werden, leben sie bei den „Stillen im Lande“<br />

neu auf, nachdem sie totgesagt wurden. Man denke an Bonhoeffer und se<strong>in</strong>e Sicht<br />

und Erwartung e<strong>in</strong>er kommenden religionslosen Zeit, der tatsächlich e<strong>in</strong>e tief religiöse<br />

Zeit folgte, wenn auch weith<strong>in</strong> nachchristlich.<br />

Wenn unsere Sicht richtig ist, dass e<strong>in</strong> gut Teil der E<strong>in</strong>wanderer religiös motiviert war<br />

(religiös motivierte Wanderungen gab es allezeit!), und es jenen gelang, im Andrea num,<br />

dem goldenen Freibrief, für das Gebiet der sieben Stühle (von Broos bis Draas) gleiches<br />

Recht zu erwirken oder ihnen dies geschenkt wurde, e<strong>in</strong>malig für die damalige Zeit, mit<br />

Folgewirkung letztlich bis <strong>in</strong>s 20. Jahrhundert, dann ist das <strong>in</strong> Anerkennung des gesunden<br />

Sozialgefüges dieser Gesamtheit zu verstehen. (Die Häufung e<strong>in</strong>maliger Rechte:<br />

Pfarrwahlrecht, Recht des Zehntens, Recht der Wahl eigener Richter sowie der Rechtsprechung<br />

nach dem Gewohnheitsrecht, die Versicherung, dass der König nur im Fall<br />

von Appellationen e<strong>in</strong>greifen werde, freies Marktrecht, die freie Nutzung von Wasser,<br />

Wald und Wiesen, samt gewissen Zollfreiheiten und dazu das Leitwort: unus sit populus.)<br />

Die ersten Flandrer brachten Nachbarschaftswesen und Kapitelsgeme<strong>in</strong>schaft mit,<br />

auch die Mühlentechnik und Erfahrung mit Fischteichen. 20 Sie brachten e<strong>in</strong> Versöhnungsbrauchtum<br />

mit, das, solange die Nachbarschaften bestanden, Zwistigkeiten nicht<br />

alle<strong>in</strong> begrenzte, sondern vielfach ausglich. Was von <strong>in</strong>nen heraus nicht zu überw<strong>in</strong>den<br />

war, das glichen die Spannungen, die von außen an die Geme<strong>in</strong>schaft herangetragen<br />

wurden, aus: die Gefahr der äußeren Fe<strong>in</strong>de und der Druck von Adel und Seklern. All<br />

diesen Kräften ist, nächst Gott, zu danken, dass auch <strong>in</strong> der Reformationszeit die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

nicht zerbrach, sondern sich zu e<strong>in</strong>heitlichem Vorgehen zusammenraufte.<br />

So e<strong>in</strong>heitlich, wie der Dialekt e<strong>in</strong>er ist, der doch von Geme<strong>in</strong>de zu Geme<strong>in</strong>de se<strong>in</strong>e<br />

Eigenart aufweist.<br />

Als die Gedanken der Reformation alle Umwege über Heilige, Papst und Hierarchie<br />

kappten und dem Glaubenden die direkte Verb<strong>in</strong>dung zu dem dreie<strong>in</strong>igen Gott eröffneten,<br />

der sich als Vater <strong>in</strong> Jesus Christus kraft des Heiligen Geistes den Betenden,<br />

20 Vgl. Dietrich Lohrmann: alle vier im Literaturverzeichnis angeführten Werke; sowie Georg<br />

Müller: Die deutschen Landkapitel <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong>.

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