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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Typisch <strong>Roseln</strong><br />

Aussprache der Lautverb<strong>in</strong>dung -lg- <strong>in</strong> Galgen, Lilgen (Lilien), folgen, die wie das g im<br />

Fremdwort Gendarm kl<strong>in</strong>gen; diese für das Luxemburgische kennzeichnende Eigenheit<br />

fehlt <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong>, wo Leljen, Galjen zu hören ist. Heute werden lautliche Merkmale nach<br />

e<strong>in</strong>er neuen Methode studiert: die Phonologie kann viel mehr erklären als die Phonetik.<br />

Immer wieder versetzt uns auch die reichhaltigkeit unseres Wortschatzes <strong>in</strong> Staunen<br />

und das vor allem, weil sich dar<strong>in</strong> zum Teil noch die „gute alte Zeit“ spiegelt mit den<br />

vielen Ausdrücken der Haus­, Land­ und Waldwirtschaft. <strong>Siebenbürgen</strong> hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Abgeschiedenheit von der „großen Welt“ so manches aufbewahrt, was andernorts verloren<br />

gegangen ist. Andererseits ist der Siebenbürger daran <strong>in</strong>teressiert, zu erfahren, wo<br />

se<strong>in</strong>e „Ur­Heimat“ gewesen se<strong>in</strong> könnte. Auch wenn sich das nicht e<strong>in</strong>deutig feststellen<br />

lässt, regt es zu Wortvergleichen und Wortforschung an. Dabei stellt sich heraus, dass<br />

manche Wörter be<strong>in</strong>ahe überall bekannt s<strong>in</strong>d, andere h<strong>in</strong>gegen nur <strong>in</strong> bestimmten Orts­<br />

oder regionalen Dialekten gebräuchlich s<strong>in</strong>d, wie z. B. gerade im Repser Gebiet – am<br />

Ende der „sächsischen Welt“ –, aber auch im Burzenland.<br />

Womit fällt die von uns bisher besprochene Dialektgruppe im Wortschatz auf? Auch<br />

hier spielen spezifische Wortformen e<strong>in</strong>e Rolle oder auch e<strong>in</strong>e abweichende Wortbedeutung.<br />

Es treten sonst (noch) nicht vermerkte Wörter hervor, wie (von Agnetheln ausgehend?)<br />

de Balutsch für Regenwurm, dessen Herkunft auch dem „Wörterbuch“ unbekannt<br />

ist. Ebenfalls nur aus <strong>Roseln</strong>, Agnetheln, Großschenk wurde für Kaulquappe<br />

Putz<strong>in</strong>ell verzeichnet. Über beide Wörter muss nachgeforscht werden. Außer <strong>in</strong> den genannten<br />

Orten spricht man <strong>in</strong> diesem Gebiet vom Pöbel bzw. sozial­moralisch niederen<br />

Menschen(gruppen) als dem lāəsche Vūlk <strong>in</strong> Reps, <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> lōəsch.<br />

Dem Mundartkenner fällt <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> sofort das im Umfeld sonst nicht beheimatete<br />

Fragewort wuetchen? (was für?) auf, das (auch) als watchen im Nordsiebenbürgischen<br />

vorkommt. Damit ergibt sich für <strong>Roseln</strong> die Frage nach e<strong>in</strong>er Zuwanderung, etwa aus<br />

dem Reener Ländchen. Im Familienregister treten tatsächlich späte nordsiebenbürgische<br />

Zuwanderer aus Jaad, Paßbusch, P<strong>in</strong>tak, Kallesdorf auf. E<strong>in</strong> gewisser E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die Ortsmundart könnte außerdem vom langjährig tätigen Pfarrer Alfred Csallner<br />

ausgegangen se<strong>in</strong>. Auch die deutsche Befehlsform sei! (sei so gut ...), die hier <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong>,<br />

Agnetheln, Reps saf! lautet (wie luxemburgisch und reenerisch) dürfte auf ähnliche<br />

Weise nach Süden verpflanzt worden se<strong>in</strong>. – Außerdem steht <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> (Agnetheln und<br />

Umgebung) abweichend Begraownes (Begräbnis) nicht für die Totenfeier, sondern für<br />

den Friedhof. – Das für sowieso stehende esiwasi bedeutet hier: freilich, wie <strong>in</strong> Mart<strong>in</strong>sdorf.<br />

– Wie <strong>in</strong> Reps det Māres (Meierhaus) wird e<strong>in</strong>e Schäferei auch <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> als Moures<br />

geführt. – Die große lexikalische Überraschung <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> ist zweifellos det Flatrawəichen<br />

(die Mundharmonika; von frz. flute travèrs Querflöte). <strong>Roseln</strong> gehört mit zum östlichen<br />

esonyen­Gebiet, während solche west­ und mittelsiebenbürgisch esolen bzw. eselen heißt. –<br />

E<strong>in</strong> Eigenschaftswort, das nur aus der Agnethler Nachbarschaft bekannt geworden<br />

ist, wird <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> gehört: miiseresch rēden heißt unverständlich sprechen (von K<strong>in</strong>dern<br />

gesagt), während es <strong>in</strong> Agnetheln auch auf das neuartige Gemisch von Ortsdialekt und<br />

Umgangs­Sächsisch angewendet wird.<br />

Zu e<strong>in</strong>er besonderen Wortgruppe gehören aus dem Late<strong>in</strong>isch­Romanischen übernommene<br />

Wörter, die im langen deutschen Grenzgebiet zu Frankreich entstehen konnten.<br />

Bei uns s<strong>in</strong>d sie durch den Mundartforscher Gustav Kisch besonders bekannt ge­<br />

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