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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Kurator Michael Töpfer<br />

278<br />

Die kommunistischen Jahre<br />

Verfasser er<strong>in</strong>nert sich, dass manche aus unserem Bekanntenkreis<br />

bei dieser Gelegenheit ihre Lage klären konnten, sogar<br />

ehemalige SS­Angehörige mit m<strong>in</strong>imalen Strafen durchkamen.<br />

Andere wagten es nicht, wie auch Rektor Mart<strong>in</strong> Re<strong>in</strong>er.<br />

Damals wird wohl auch Michael Töpfer se<strong>in</strong>e Lage geklärt<br />

haben. Er hatte <strong>in</strong> der rumänischen Armee gedient, bis er ausgehoben<br />

werden sollte, um nach Russland deportiert zu werden.<br />

Von Vorgesetzten unterstützt, konnte er von dort fliehen<br />

und heimkehren. Drei Jahre aber musste er versteckt bleiben.<br />

Zwei Jahre lang wusste auch se<strong>in</strong>e 1945 elfjährige Tochter<br />

nicht, dass ihr Vater im Hause war, bis sie ihn e<strong>in</strong>es Tages beim<br />

Kochen überraschte. Sie er<strong>in</strong>nert sich noch gut, dass fast jede<br />

Nacht Hausdurchsuchungen kamen, meist nach Mitternacht.<br />

Sie g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> die Scheune und stachen mit Spießen und Heugabeln<br />

<strong>in</strong>s Heu. Er blieb bewahrt. Wie gut, dass Heu warm<br />

hielt! 1948 kamen die ersten Deportierten heim. Die Hausdurchsuchungen<br />

hatten abgenommen und auch Töpfer konnte<br />

wieder <strong>in</strong>s normale Leben e<strong>in</strong>treten. Es ist gut möglich, dass<br />

dieses Kommunikat ihm zugute kam. Es war auch höchste<br />

Zeit. Da er <strong>in</strong> der rumänischen Armee gedient hatte, standen<br />

ihm von Rechts wegen vier Hektar Grund zu. Mit wie viel<br />

Grund er <strong>in</strong> die Kollektivwirtschaft e<strong>in</strong>trat, ist nicht bekannt.<br />

*<br />

Anekdoten: die fremde Sprache<br />

Die rumänische wie auch die ungarische Sprache galten den Sachsen als Fremdsprachen.<br />

Zwar wohnten <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> Rumänen und rumänisch sprechende Zigeuner mit uns Sachsen<br />

m<strong>in</strong>destens zweihundert Jahre (1700­1900) zusammen, aber wenige bemühten sich,<br />

die Sprache des anderen zu lernen. Vielfach begnügte man sich, notwendigste Brocken<br />

der anderen Sprache zu kennen und ergänzte durch Gesten, was an Vokabeln fehlte.<br />

Die Magyarisierungsbestrebungen nach 1876 und der Druck, die neue Staatssprache<br />

nach 1918 zu lernen, bewirkten genau das Gegenteil. Zahllose Anekdoten liegen dazu<br />

vor. So etwa jene, <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>e sächsische Hausfrau von ihrem rumänischen Nachbarn e<strong>in</strong><br />

Schwe<strong>in</strong> kaufen will, genau genommen e<strong>in</strong>e Sau, aber den Ausdruck für Sau oder Eber<br />

nicht kennt, und ihm freundlich lächelnd sagt: „Ich will e<strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong> wie ich, nicht wie<br />

du!“ Er lächelte verstehend zurück und gab ihr das Gewünschte.<br />

Es gab aber auch schlimme Geschichten: Für e<strong>in</strong>en Staatsfeiertag 1947/1948 (1. Mai<br />

oder 23. August) wurde e<strong>in</strong> Sachse <strong>in</strong> Kronstadt damit beauftragt, die Fassade se<strong>in</strong>es<br />

Unternehmens mit den Bildern „der neuen Heiligen“, wie der Volksmund sagte, zu<br />

schmücken: Marx, Engels, Len<strong>in</strong>, Stal<strong>in</strong>, und den Würdenträgern der rumänischen Regierung.<br />

Über Nacht kam jedoch Sturm auf und riss die Bilder ab. Am Morgen wurde<br />

der Mann gerufen und zur Rede gestellt. Er wollte erklären, dass er alle Bilder angehängt<br />

habe, sagte aber „le­am spânzurat“ (ich habe sie erhängt). In e<strong>in</strong>em Schnellverfahren<br />

bekam er für e<strong>in</strong> paar Monate freie Kost und Quartier im Staatsgefängnis.

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