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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Das älteste Rosler Kirchenrechnungsbuch<br />

kle<strong>in</strong>e bilder aus der heimischen kulturgeschichte<br />

Von G. A. Schuller 73<br />

Sächsisches Dorfsleben<br />

<strong>in</strong> der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts<br />

Vor Jahren habe ich im „Neuen Volkskalender“ 74 dessen Leser <strong>in</strong> e<strong>in</strong> sächsisches<br />

Dorf der Reformationszeit geführt, von dem Gedanken geleitet, dass zu der üblichen<br />

Höhenwanderung von e<strong>in</strong>er aufregenden geschichtlichen Ersche<strong>in</strong>ung zur andern e<strong>in</strong><br />

Versenken <strong>in</strong> die stillen Täler des Kle<strong>in</strong>lebens h<strong>in</strong>zukommen müsse, wenn man das<br />

Walten der Lebenskräfte e<strong>in</strong>es Volkes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit von der Wurzel bis zum<br />

Wipfel erkennen und beurteilen will. Jenem Dorfsbilde möchte ich aus dem gleichen<br />

Grunde e<strong>in</strong> ähnliches, etwas späterer Zeit entnommenes im folgenden zur Seite stellen.<br />

Den Stoff dazu kann ich leider nicht aus dem Vollen e<strong>in</strong>er zeitgenössischen Schilderung<br />

schöpfen; die Zeitbücher haben <strong>in</strong> jenen Jahren, die hier <strong>in</strong> Betracht kommen, sich<br />

mit Zustandsschilderungen wenig befasst. Me<strong>in</strong>e Quelle ist das Rechnungsbuch e<strong>in</strong>er<br />

dörflichen Kirchengeme<strong>in</strong>de, das – e<strong>in</strong> seltener Fall! – bis <strong>in</strong> die letzten Jahrzehnte des<br />

16. Jahrhunderts zurückgeht (1571ff.). Es gibt natürlich auch ke<strong>in</strong> gerundetes Bild davon,<br />

wie das Dorf aussah und wie se<strong>in</strong>e Bewohner lebten; aber aus den Aufzeichnungen<br />

treten doch e<strong>in</strong>zelne Lebenszüge hervor, die neben e<strong>in</strong>ander gestellt e<strong>in</strong>e Vorstellung<br />

vom S<strong>in</strong>n und Wesen jenes Dorfes <strong>in</strong> der angegebenen Zeit vermitteln.<br />

Das Dorf liegt an e<strong>in</strong>em rechtsseitigen Zufluss des Harbachs, der e<strong>in</strong>en nach Norden<br />

bis zur Wasserscheide zwischen Kokel und Harbach sich erstreckenden Talgrund<br />

entwässert. Es führt den ansprechenden Namen <strong>Roseln</strong> (Rosental), wie anzunehmen<br />

ist, nach e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>st auffälligen Überkleidung der Berghänge mit Rosensträuchern. So<br />

verstand auch der e<strong>in</strong>stige Anleger des Rechnungsbuches, Pfarrer Ezechiel Kyr, e<strong>in</strong> gebürtiger<br />

Kronstädter, den Namen se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de; er schrieb <strong>in</strong> das Buch: „1566 veni<br />

<strong>in</strong> Rosas“ (1566 kam ich <strong>in</strong> die Rosen). Die Sage erzählt wohl von e<strong>in</strong>er vornehmen<br />

Frau Rosalie, die das Dorf gegründet und ihm ihren Namen gegeben habe; wenn aber<br />

die Rosler den Namen ihrer Siedlung an den e<strong>in</strong>er von ihnen verehrten Frau hätten<br />

anlehnen wollen, so würden sie wie die benachbarten Agnethler und Mergler ihre<br />

Kirchenheilige dazu erkoren haben; diese aber war, wie das Rechenbuch angibt, die hl.<br />

Magdalene. Ihren Festtag beg<strong>in</strong>gen sie im Sommer, wenn die Rosen blühen (22. Juli);<br />

da wird die ihr geweihte Kirche <strong>in</strong> reichem Rosenschmucke geprangt haben.<br />

In den Jahren, da wir an Hand des Rechnungsbuches <strong>Roseln</strong> besuchen, hat die Geme<strong>in</strong>de<br />

das Fest der Kirchenheiligen nicht mehr begangen. Die Reformation hatte auch<br />

<strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> ihren E<strong>in</strong>zug gehalten und e<strong>in</strong>e Neuordnung des kirchlichen Lebens begründet.<br />

Der Amtsvorgänger Kyr’s, der im Jahr 1566 verstorbene Pfarrer Gabriel Brandschott<br />

ist wohl derjenige gewesen, der die heiligenlose evangelische Glaubens­ und Lebensordnung<br />

e<strong>in</strong>geführt hat. <strong>Roseln</strong> gehörte <strong>in</strong> kirchlicher H<strong>in</strong>sicht zur Schenker Abteilung des<br />

Kosder Kapitels. Im Hauptort dieses Kapitels, <strong>in</strong> Reps, hatte zu Anfang der vierziger<br />

73 Anm. C.W.: Im Siebenbürgisch­Deutschen Tageblatt vom Sonntag, 1.3.1936, Nr. 18861.<br />

74 Jahrgang 1917.<br />

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