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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Schlusswort<br />

zuletzt noch e<strong>in</strong>e Vision<br />

Neunhundert Jahre s<strong>in</strong>d vergangen. In <strong>Roseln</strong> lebt noch e<strong>in</strong> Dutzend, hier <strong>in</strong><br />

Deutschland mehr als tausend, deren Ahnen <strong>in</strong> <strong>Roseln</strong> begraben liegen. Auf <strong>Siebenbürgen</strong><br />

übertragen s<strong>in</strong>d wir hier bestimmt mehr als dreihunderttausend, deren Eltern<br />

<strong>in</strong> den letzten fünfzig Jahren <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong> starben. Manche s<strong>in</strong>d froh, die Fesseln<br />

siebenbürgischer Traditionen ablegen zu können, andere freuen sich, das Neue <strong>in</strong> Verbundenheit<br />

und Kont<strong>in</strong>uität zu sogenannter Vergangenheit leben zu können. Die gut<br />

besuchten Rosler Treffen zeugen von dem <strong>in</strong>tuitiven Wissen, was wir der Geme<strong>in</strong>schaft<br />

zu danken haben.<br />

Was verb<strong>in</strong>det uns? Was kann uns trennen? Es verb<strong>in</strong>det uns nicht nur die Geschichte<br />

von fast neunhundert Jahren. Ne<strong>in</strong>, mehr noch. Auch die Gene gehen durch alle Ahnenreihen.<br />

Und es verb<strong>in</strong>det uns die Geschichte <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong>. Es verb<strong>in</strong>det uns der<br />

Siebenbürger Gral, diese heilige Schale, wie e<strong>in</strong>er der kostbaren Kelche, die <strong>in</strong> unseren<br />

Abendmahlsgottesdiensten benützt wurden. Er ist verborgen, wer hat ihn gesehen? Aber<br />

wir zweifeln nicht an ihm. Durch ihn s<strong>in</strong>d wir vere<strong>in</strong>t. Über vieles können wir ganz<br />

leichth<strong>in</strong>, oft leichtfertig scherzen. Wenn von Gott gesprochen wird, dann vergeht solche<br />

Leichtfertigkeit. Es stehen vor uns Bilder unserer Ahnen im Dolman und unter der<br />

Haube oder dem Schleier und wir hören Heimatglocken läuten. Unser Wesen meldet<br />

sich <strong>in</strong> uns. Was? „Jene verlassen sich auf Schwert und Spieß, wir aber trauen auf den<br />

Namen Gottes,“ ist auf e<strong>in</strong>er Kronstädter Münze geprägt. So steht es <strong>in</strong> der Bibel und<br />

so prägten es siebenbürgische Ahnen <strong>in</strong> schwerer Zeit auf Münzen. Praktisches Christentum<br />

<strong>in</strong> der Nachbarschaft, <strong>in</strong> Bruder­ und Schwesterschaft, die – wenn es sie auch<br />

so nicht mehr gibt – unter uns weiterleben, auch <strong>in</strong> unseren K<strong>in</strong>dern, weil sie <strong>in</strong> den<br />

Genen stecken, haben wir es doch m<strong>in</strong>destens 800 Jahre gelebt. Und noch e<strong>in</strong>s steckt<br />

tief <strong>in</strong> uns: Seid untertan der Obrigkeit, die Gewalt über euch hat, denn sie ist von Gott.<br />

So konnten wir die Obrigkeiten – islamische Türken, rekatholisierende Österreicher,<br />

Ungarn und Rumänen, die vielfach nicht leicht zu ertragen waren, schließlich sogar<br />

Kommunismus – gut verkraften und, ohne Verrat an uns zu üben, mit ihnen auskommen.<br />

Kommunistische Lügen, die uns als re<strong>in</strong>e Wahrheit vorgesetzt wurden, nahmen<br />

und lebten wir als solche, zum Beispiel die Glaubensfreiheit. Nur so konnten wir sie<br />

wirklich leben. Es trug uns das Wort: Er hält „den Bund und die Barmherzigkeit bis<br />

<strong>in</strong>s tausendste Glied denen, die ihn lieben und se<strong>in</strong>e Gebote halten“. (5. Mose 7,9) Es<br />

s<strong>in</strong>d noch ke<strong>in</strong>e vierzig Geschlechter, seit die ersten aus Flandern auswanderten. Durch<br />

all die Jahre s<strong>in</strong>d immer wieder neue dazugewandert, die ihren Segen mitbrachten, <strong>in</strong><br />

<strong>Siebenbürgen</strong> aber zu Siebenbürgern verschmolzen.<br />

Wie <strong>in</strong> <strong>Siebenbürgen</strong> e<strong>in</strong>gewandert, so s<strong>in</strong>d wir nun von dort ausgewandert, zum<br />

größten Teil <strong>in</strong> die „alte Heimat“. Ne<strong>in</strong>, nicht nach Luxemburg und nicht nach Flandern,<br />

aber <strong>in</strong> deutsche Lande. Wie se<strong>in</strong>erzeit e<strong>in</strong>gewandert: nicht geschlossen, sondern<br />

über Jahrhunderte <strong>in</strong> Familien und Sippen, auch als E<strong>in</strong>zelne, so s<strong>in</strong>d wir auch ausgewandert:<br />

als E<strong>in</strong>zelne, durchs Schicksal verschlagen, um der Familie zu helfen. Auch <strong>in</strong><br />

Gruppen schon vor mehr als hundert Jahren nach Amerika. Aber auch e<strong>in</strong>zelne – wie<br />

viele? –, die unter Lebensgefahr <strong>in</strong> den Jahren des Sozialismus flohen. Auch diese wollen<br />

wir nicht vergessen, die ihr Leben dabei verloren. Die meisten verließen <strong>Siebenbürgen</strong><br />

freilich im Jahr 1990, als sich die Grenzen auftaten. Wer nur konnte, siedelte sich ir­

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