Relationship Equity im Private Banking - Universität St.Gallen
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Kapitel 3 – Kundenwert <strong>im</strong> <strong>Private</strong> <strong>Banking</strong><br />
Einen der aktuellsten Beiträge lieferte Fickert mit seiner Veröffentlichung zum Thema<br />
Customer Costing 122 . Darin wird vornehmlich die Problematik der Gemeinkostenverteilung<br />
auf den Kostenträger Kunde vertieft und am Beispiel illustriert. Die Betrachtungen sind<br />
statisch, d.h. sie beziehen sich gleichzeitig stets auf eine einzelne Zeitperiode.<br />
Die Literaturrecherche zeigt, dass das Hauptinteresse für das Thema Kundenwert in den<br />
letzten Jahren vor allem von der Marketingseite bekundet wurde 123 . Nachdem man lange in<br />
einem von Verkäufern dominierten Markt gewirkt hatte, in welchem die Unternehmen einer<br />
grossen Masse anonymer Kunden gegenüberstanden, brachte die Einführung neuer Technologien<br />
einen der entscheidendsten Anstösse zu einer fundamentalen Veränderung: die steigende<br />
Wichtigkeit und Fassbarkeit des Kunden selbst 124 . Der Kunde war natürlich schon<br />
einige Zeit vorher Dreh- und Angelpunkt des Marketings gewesen, doch hatte man bisher<br />
keine konkrete Möglichkeit gehabt, um seine Kunden kennenzulernen.<br />
Mit der Einführung leistungsfähiger IT-Infrastrukturen, Customer <strong>Relationship</strong> Management-Applikationen<br />
und –datenbanken sowie der Möglichkeit, Daten am Verkaufspunkt zu<br />
erfassen, war der einzelne Kunde wirklich ins Zentrum gerückt 125 . Eine neue Verkaufsphilosophie,<br />
die Profil, Eigenarten und Wünsche des Einzelkunden zum Ausgangspunkt für<br />
eine individuelle Betreuung machte, begann Einzug zu halten.<br />
Während grosser Teile des 20. Jahrhunderts waren Marken alles; der Kunde war anonym.<br />
Geworben wurde mit den Signalen, von denen man vermutete, dass sie den Kunden ansprachen.<br />
Es bestanden aber keine guten und schnellen Instrumente zur Messung von Marketingmassnahmen.<br />
Ausnahmen waren die Telekomindustrie sowie der Bestellhandel, wo die<br />
Verkaufsorganisationen über jeden Kunden Bescheid wussten. Erst viel später – gegen Ende<br />
des 20. Jahrhunderts – kamen Airlines, Hotels, Banken und andere Finanzdienstleister dazu,<br />
die alles umfassende Kundendatenbanken aufbauten. Der Trend ging und geht weiterhin<br />
dahin, weniger Produkte flächendeckend anbieten zu müssen; Ziel ist, mehr über den einzelnen<br />
Kunden zu wissen, um diesen direkt angehen und abholen zu können.<br />
Neben den neuen Möglichkeiten der Kundenbedienung eröffneten sich auch neue Gelegenheiten<br />
zur Kundenselektion. Beispielsweise konnte man durch die Einführung von Kundentreueprogrammen<br />
die besten Kunden besser bedienen und damit die schlechten Kunden<br />
<strong>im</strong>plizit diskr<strong>im</strong>inieren. Bei der Planung von Marketingkampagnen stand plötzlich der Wert<br />
eines Kunden <strong>im</strong> Zentrum der Überlegungen 126 .<br />
Modellen bewertet, welche auf Faktoren wie Zeitspanne seit dem letzten Einkauf, Kaufhäufigkeit und Kaufwert (sog.<br />
RFMR-Modell) abstellten.<br />
122 Fickert (1998)<br />
123 Hogan et al. (2002) halten fest, dass die Customer <strong>Equity</strong> Forschung aus mehreren Teilgebieten des Marketing her<br />
bestossen wurde: Datenbankmarketing, Dienstleistungs- und Qualitätsmanagement, Beziehungsmarketing, Brandmarketing,<br />
sowie der Modellierung.<br />
124 Dies unterstreicht auch Fickert (1998), 47<br />
125 Bell/Deighton (2002)<br />
126 Bell/Deighton (2002) sprechen insbesondere vom „customer-centric marketing“.<br />
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