Relationship Equity im Private Banking - Universität St.Gallen
Relationship Equity im Private Banking - Universität St.Gallen
Relationship Equity im Private Banking - Universität St.Gallen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
R E L A T I O N S H I P E Q U I T Y I M P R I V A T E B A N K I N G<br />
Die Erklärung von Kundenverhalten mit deren zugrundeliegenden Bedürfnissen ist sehr<br />
positiv zu werten. Sei es die Risikopräferenz, das finanzwirtschaftliche Wissen oder der<br />
Wunsch nach einer individuellen Dienstleistung: diese zugrundeliegenden Faktoren sind<br />
sicherlich als wichtige Treiber der Kundenbedürfnisse anzuerkennen.<br />
Mit dem Ziel vor Augen, eine Kundensegmentierung einzuführen, welche in voller Breite<br />
als Grundlage zur Bewertung von Einzelkunden bzw. eines Kundenportfolios dienen könnte,<br />
wirft die Operationalisierung jedoch Fragen auf.<br />
Vor der Tatsache, dass Privatbanken heute nicht einmal über flächendeckende Informationen<br />
<strong>im</strong> soziodemographischen Bereich verfügen 205 , fragt sich, wie schnell Informationen zu<br />
psychographischen Merkmalen erfasst werden könnten. Dieser Einwand nährt sich aus der<br />
Befürchtung, dass zudem die Aufnahme psychographischer Informationen eines profunden<br />
Fragekatalogs bedürfte, der jedem einzelnen Kunden vorgelegt werden müsste. Könnte<br />
dieses Vorgehen durch die Ableitung der Zuteilung zu einem Kundentypus von beobachtbaren<br />
Kundendaten wie Transaktionsarten, –häufigkeit oder ähnlichem umschifft werden,<br />
wäre aber sicherlich ein grosser Schritt Richtung eines umfassenden Kundenverständnisses<br />
getan 206 .<br />
Eine mögliche systematische Praxisanwendung weist die Deutsche Bank mit ihrer effektiv<br />
genutzten Segmentierung, die sich am Lebenszyklus orientiert und dabei auch auf psychographischen<br />
Merkmalen aufbaut: Junge <strong>St</strong>arter („Erfolgreich starten“), Moderne Singles<br />
(„Wünsche erfüllen – für morgen planen“), Moderne Familien („Zukunft gemeinsam gestalten“),<br />
Vermögensaufbauende Privatkunden („Beruflich erfolgreich – Vermögen aufbauen“),<br />
Dynamische Investoren („Vermögen systematisch planen und ausbauen“), Vermögende<br />
Privatkunden („Vermögensarchitektur opt<strong>im</strong>al gestalten“) 207 .<br />
Im weiteren haben juristische Gründe dazu geführt, dass die Einschätzung und Bedienung<br />
des Kunden nach dessen Risikoneigung und Risikofähigkeit an Wichtigkeit zugelegt haben.<br />
Diese Faktoren haben direkten Einfluss auf die Ausgestaltung der Kerndienstleistung: Die<br />
Asset Allocation als Spiegelbild der Risiko- und Renditeerwartungen stützt sich direkt auf<br />
die Möglichkeiten und den Willen des Kunden. Die Bedienung mit Produkten (bspw. Aktien<br />
versus Obligationen) hängt direkt von diesen Kundeneigenschaften ab. Während diese<br />
Segmentierungsweise <strong>im</strong> Rahmen des Asset Allocation Prozesses <strong>im</strong>plizit zur Anwendung<br />
kommt, dürfte bei den wenigsten Instituten eine organisatorische Abbildung dieser Segmentierung<br />
zum Tragen kommen 208 . Eine Ausnahme bildet jedoch z.B. die Bedienung des Kun-<br />
205 Siehe bspw. Abschnitt 3.7.3.3 zu den Bestrebungen eines Kundenwissenausbaus<br />
206 Siehe dazu folgend Abschnitt 4.1.5 zur nutzungs- und verhaltensorientierten Segmentierung<br />
207 Gürntke/Beutel (2004) erwähnt die Segmentierung der Deutschen Bank <strong>Private</strong> & Business Clients; es handelt sich<br />
also um Vermögensklassen am unteren Rand des <strong>Private</strong> <strong>Banking</strong> Spektrums.<br />
208 Emödi (1999), 131, erwähnt die Aufteilung der Segmentierungsaufgabe auf unterschiedliche Entscheidungsebenen.<br />
Auch der Kundenberater segmentiert, indem er die Bedürfnisse einzelner Kunden identifiziert und darauf aufbauend<br />
die geeigneten Produktvorschläge macht.<br />
88