Relationship Equity im Private Banking - Universität St.Gallen
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Kapitel 4 – Kundensegmentierung <strong>im</strong> <strong>Private</strong> <strong>Banking</strong><br />
Vor diesem Hintergrund lohnt es, sich noch einmal vor Augen zu halten, mit welcher Motivation<br />
eine Kundensegmentierung vorgenommen werden kann und soll. In den meisten der<br />
angesprochenen <strong>St</strong>udien steht die Suche nach einer opt<strong>im</strong>alen Kundenbedienung <strong>im</strong> Sinne<br />
der Marketingstrategie <strong>im</strong> Vordergrund. Wie schon weiter oben erwähnt, geht es in der vorliegenden<br />
Arbeit jedoch um die Best<strong>im</strong>mung von Kundenwerten und zu diesem Zweck um<br />
die Modellierung von erwartetem Kundenverhalten.<br />
Der Blick ist in die Zukunft gerichtet, während viele der Segmentierungsansätze auf den<br />
<strong>St</strong>atus Quo schauen, um die Kunden zu gliedern. Aus dieser Perspektive muss festgehalten<br />
werden, dass es wenig bringt, das Geschlecht, das Einkommen oder sogar die heutigen Verhältnisse<br />
zu kennen, wenn man nicht abschätzen kann, wie sich letztere über die nächsten<br />
Jahre entwickeln werden. Erst das Wissen um das Potential des Kunden und mögliche grobe<br />
Kundenlebenszyklen können uns die nötigen Informationen zur Kundenpotentialsabschätzung<br />
geben.<br />
4.2 Kundensegmentierung nach dem Lebenszyklus<br />
Um den Gegenwartsfokus herkömmlicher (insbesondere der hier besprochenen) Ansätze zu<br />
erweitern, sollen <strong>im</strong> nun folgenden Abschnitt Möglichkeiten gesucht werden, die zukünftige<br />
Entwicklung prototypischer Kunden vorauszusagen. Im Zentrum steht dabei die Lebenszyklushypothese,<br />
welche gestützt auf mehrere der vorgenannten Segmentierungskategorien und<br />
der Grundidee eines mehr oder weniger normbaren Lebensverlaufs entwickelt wurde.<br />
4.2.1 Lebenszyklushypothese<br />
Die Grundaussage des Lebenszyklusgedankens ist, dass sich jeder Kunde auf einem mehr<br />
oder weniger vorgezeichneten Entwicklungspfad befindet. Natürlich entwickelt sich jeder<br />
Kunde individuell nach seinen spezifischen Umständen; dennoch gibt es Grundmuster des<br />
(westlichen) menschlichen Lebens und damit Nachfragesituationen nach Finanzdienstleistungen,<br />
die in vielen Fällen eintreten. An dieser <strong>St</strong>elle sei nochmals auf Abbildung 3-8 verwiesen,<br />
welche den <strong>St</strong>andardlebenszyklus verdeutlicht 225 .<br />
Wir befinden uns hier an einer Schnittstelle zwischen Marketing und Finanzmarkttheorie.<br />
Während die vorangegangenen Segmentierungskriterien vornehmlich von Marketingseite<br />
und mit Marketinginteresse entwickelt wurden, wurde die Entwicklung der Lebenszyklushypothese<br />
vor allem aus finanzmarkttheoretischer Sicht vorangetrieben. Der Antrieb der<br />
letzteren ist zwar auch die Relevanz für den Investor bzw. Kunden, doch ist die Finanzmarkttheorie<br />
in diesem Zusammenhang lehrmeisterhafter als das Marketing: Es gilt mit dem<br />
Investor ein opt<strong>im</strong>ales Anlageverhalten zu erarbeiten und nicht das bestehende Verhalten zu<br />
225 Seyfried (1998) 335; Corporate Executive Board (2005b), 4, trifft eine Zusatzunterscheidung nach Gesamtvermögen<br />
sowie Zivilstand: Ein höheres Gesamtvermögen führt zu einer stabileren Entwicklung mit kleinerem Rückgriff auf<br />
Fremdfinanzierung. Zudem wird davon ausgegangen, dass Ehescheidungen einen substantiellen Effekt auf die Vermögensentwicklung<br />
haben.<br />
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