Relationship Equity im Private Banking - Universität St.Gallen
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Kapitel 3 – Kundenwert <strong>im</strong> <strong>Private</strong> <strong>Banking</strong><br />
3.7 Kundenwert in der Praxis (Managementinterviews)<br />
Nach der Beschreibung von Kundenwertmodellen basierend auf dem <strong>St</strong>and der Literatur,<br />
erscheint es als äusserst relevant, diese Sichtweise einem Realitätstest zu unterziehen. Dazu<br />
wurden mit Führungskräften aus Banken verschiedener Grösse Gespräche geführt. Dabei<br />
zeigte sich, dass die Relevanz und die Interpretation des Begriffs Kundenwert zu einem<br />
hohen Grad von der Grösse einer Privatbank abhängig ist 161 . Im folgenden soll prototypisch<br />
– aber auf realen Aussagen basierend 162 – aufgezeigt werden, in welcher Situation sich kleine,<br />
mittlere und grosse Privatbanken befinden. Dabei wird nach folgendem Raster vorgegangen:<br />
Abbildung 3-9: Beurteilungsraster für Managementinterviews<br />
3.7.1 Kundenwertdenken bei kleineren Privatbanken<br />
3.7.1.1 Allgemeine Situation<br />
Während bei sämtlichen Banken davon ausgegangen werden kann, dass in der täglichen<br />
Arbeit des Kundenberaters der Kunde als Individuum <strong>im</strong> Vordergrund steht, lassen sich bei<br />
den betrachteten Banken aufgrund ihrer Grösse Unterschiede in der Organisationsform <strong>im</strong><br />
Bereich der Kundenbetreuung erkennen. So ist in den kleineren Banken festzustellen, dass<br />
der formelle Organisationsgrad sehr klein ist: Aufgrund deren kleinen Zahl besteht kaum<br />
eine Notwendigkeit, die Kunden in verschiedene Segmenten zu organisieren und zu bedienen.<br />
Besteht eine formelle Organisation, so dient diese v.a. der geographischen Komplexitätsreduktion<br />
163 . Es existieren typischerweise verschiedene <strong>St</strong>andorte, an denen verschiedene<br />
Berater tätig sind.<br />
Jeder Kunde ist einem Berater zugeordnet, der bemüht ist, dessen Bedürfnisse opt<strong>im</strong>al zufriedenzustellen.<br />
Er ist bestrebt, den Kunden ganzheitlich zu erfassen, ihn kennenzulernen,<br />
161 Dabei wird unter der Grösse einer Bank z.B. deren Umsatzniveau oder die Höhe der durch sie verwalteten Kundengelder<br />
verstanden. Die Grösse einer Privatbank als Kriterium zur Festlegung von deren Kundenwertverständnis ist<br />
nicht als scharfe Trennlinie zwischen verschiedenen Bankenkategorien aufzufassen; vielmehr ergibt sich diese Unterscheidung<br />
aufgrund der Interviewergebnisse <strong>im</strong> Sinne einer groben aber nachvollziehbaren Indikation des vorherrschenden<br />
Verständnisses des Begriffs „Kundenwert“. Die Veränderung dieses Begriffverständnisses zwischen den<br />
kleinsten und den grössten Banken ist als fliessend zu betrachten.<br />
162 Die Aussagen basieren auf knapp 20 Interviews mit Vertretern verschiedener Privatbanken (siehe Interviewverzeichnis)<br />
sowie auf Ackermann/Nippe (2003) und Janson/Keller (2003). Aus Vertraulichkeitsgründen erfolgen in den hier<br />
niedergeschriebenen Fallstudien keine direkten Hinweise auf die Aussagen der einzelnen Gesprächspartner.<br />
163 Siehe zu möglichen Segmentierungsmotivationen die Einleitung zu Kapitel 4.<br />
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