Strategien der Gewaltprävention im Kindes- und Jugendalter - DJI
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Martina Heitkötter/Bernd Holthusen/Viola Laux/Christian Lü<strong>der</strong>s/Heiner Schäfer<br />
alltäglich sein. <strong>Gewaltprävention</strong> muss deshalb zu einer selbstverständlichen<br />
Aufgabe werden. Zielgerichtete Programme <strong>und</strong> Maßnahmen <strong>der</strong><br />
<strong>Gewaltprävention</strong> – egal ob Mediation in Schulen, Curricula in Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen<br />
o<strong>der</strong> Anti-Aggressions-Trainings in Jugendstrafvollzugsanstalten<br />
– können ihr Potenzial nur entfalten, wenn sie nicht nur einzelne,<br />
isolierte bzw. additiv angelagerte Maßnahmen sind. Streitschlichtung<br />
in Schulen beispielsweise verschwindet häufig wie<strong>der</strong>, wenn sie allein<br />
dem Engagement einzelner Lehrkräfte zu verdanken ist <strong>und</strong> keine Verankerung<br />
in <strong>der</strong> Schulstruktur hat.<br />
In <strong>der</strong> Praxis verbinden sich damit unterschiedliche Anfor<strong>der</strong>ungen. Zunächst<br />
ist das in vielen Einrichtungen bislang übliche Kriterium »Ausschluss<br />
von Gewalt« zu überprüfen. Statt Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche wegen<br />
gewalttätiger Handlungen auszuschließen, z. B. aus einem Freizeithe<strong>im</strong>,<br />
muss die »Lernchance Gewalt« genutzt werden. Es geht dabei nicht<br />
allein um die Implementierung einzelner Maßnahmen <strong>und</strong> abgegrenzter<br />
Programme, son<strong>der</strong>n die Einrichtung muss, unterstützt von <strong>der</strong> Leitungsebene,<br />
einerseits eine Kultur <strong>der</strong> Gewaltlosigkeit <strong>und</strong> Wertschätzung<br />
gegenüber den Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen ermöglichen bzw. aktiv unterstützen<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits vorkommende Gewalt als »normales« (weil<br />
nicht selten vorkommendes) jugendliches Verhalten zunächst als Ausgangspunkt<br />
für die pädagogische Arbeit annehmen. Erst auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage<br />
einer offenen, nicht ausschließlich ablehnenden <strong>und</strong> tabuisierenden<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung, kann Gewalthandeln von Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
zur Lernchance werden.<br />
Dies ermöglicht den Einrichtungen <strong>und</strong> ihren Fachkräften zugleich auch<br />
eine an<strong>der</strong>e Position gegenüber <strong>der</strong> Öffentlichkeit <strong>und</strong> bietet Schutz vor<br />
Dramatisierungen. Der <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> in Politik, Medien <strong>und</strong> Öffentlichkeit<br />
spürbare Druck, bei spektakulären bzw. Aufmerksamkeit erregenden<br />
Ereignissen quasi reflexartig zu agieren, würde so gemil<strong>der</strong>t. Bevor symbolhaft<br />
gehandelt <strong>und</strong> öffentlich transportierten adhoc-For<strong>der</strong>ungen<br />
gehorsam gefolgt wird, kann in einer solchen Einrichtung innegehalten<br />
werden, um analysierend auf die jeweilige Situation <strong>und</strong> die individuellen,<br />
biografischen Hintergründe <strong>der</strong> Betroffenen blicken zu können. Eine<br />
<strong>der</strong>artige Umgehensweise <strong>der</strong> Fachkräfte erfor<strong>der</strong>t die Rückendeckung<br />
durch Einrichtungen mit entsprechenden Konzeptionen sowie zeitliche<br />
<strong>und</strong> personelle Ressourcen. Das institutionelle Selbstverständnis heißt das<br />
Gewalthandeln nicht gut, akzeptiert aber die Realität. Damit einher geht<br />
die Notwendigkeit, dass sich Fachkräfte ausreichend Zeit für jene Kin<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> Jugendliche nehmen, die in einer konkreten Situation gewalttätig<br />
reagieren, um dieses Verhalten konstruktiv aufzugreifen <strong>und</strong> es als Anlass<br />
292<br />
Arbeitsstelle Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendkr<strong>im</strong>inalitätsprävention (Hrsg.):<br />
<strong>Strategien</strong> <strong>der</strong> <strong>Gewaltprävention</strong> <strong>im</strong> <strong>Kindes</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendalter</strong>.<br />
Eine Zwischenbilanz in sechs Handlungsfel<strong>der</strong>n. München 2007.<br />
www.dji.de/jugendkr<strong>im</strong>inalitaet