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Strategien der Gewaltprävention im Kindes- und Jugendalter - DJI

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Verena Sommerfeld<br />

An<strong>der</strong>s als Mädchen passen sich Jungen weniger den Vorgaben <strong>der</strong><br />

Erzieherin an. Insbeson<strong>der</strong>e ältere Jungen bilden geschlechtshomogene<br />

»Peergroups« <strong>und</strong> versuchen, sich <strong>der</strong> Beaufsichtigung zu entziehen.<br />

Wenngleich bereits <strong>im</strong> Kin<strong>der</strong>garten ganz verschiedene Formen von<br />

»Männlichkeiten« (vgl. Connell 1995 a <strong>und</strong> b, zitiert bei Rohrmann/<br />

Thoma 1997) erkennbar sind, lassen sich bei einzelnen Jungen schon<br />

Verhaltensweisen beobachten, »die <strong>der</strong> Ausprägung typisch männlicher<br />

Formen aggressiven Handelns vorangehen: überzogene Selbstdarstellung,<br />

Ausgrenzung von Außenseitern, Herabsetzung, körperliche Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

<strong>und</strong> die Unterdrückung von Gefühlen.« (siehe Rohrmann/Thoma<br />

1997: 307). Allerdings ist geschlechtsstereotypes Verhalten <strong>im</strong> Vorschulalter<br />

noch nicht stabil. Darin liegt eine Chance, wenn Fachkräfte sensibel<br />

für Geschlechterfragen – auch in Bezug auf die eigene Person – sind.<br />

Eher ein Hin<strong>der</strong>nis ist die unter Fachkräften verbreitete »Gleichheitsideologie«<br />

(vgl. Permien/Frank 1995). Viele Erzieherinnen <strong>und</strong> Erzieher messen<br />

Geschlechtsunterschieden wenig Gewicht bei <strong>und</strong> behandeln in ihrer<br />

Selbstwahrnehmung Mädchen <strong>und</strong> Jungen gleich (vgl. Rohrmann/Thoma<br />

1997). Die Beobachtung <strong>und</strong> Reflexion von Erzieherin-Kind-Interaktionen<br />

aber zeigt ein an<strong>der</strong>es Bild: Mädchen erhalten viel Bestätigung für einfühlsames<br />

<strong>und</strong> hilfsbereites Verhalten, mit dem sie nicht selten die pädagogische<br />

Fachkraft unterstützen, ihr Selbstbehauptungsverhalten wird<br />

häufig als »zickig« tituliert. Dagegen ist das in Fallbesprechungen vorgestellte<br />

»aggressive Kind« überwiegend männlichen Geschlechts. Viele<br />

weibliche Fachkräfte empfinden jungentypische Aktivitäten wie Raufen,<br />

Toben <strong>und</strong> Kämpfen an sich als »aggressiv« <strong>und</strong> bedrohlich. Die Interessen<br />

von Jungen werden in pädagogischen Angeboten zu wenig be-<br />

rücksichtigt, in Räumen <strong>und</strong> Materialien sind männliche Attribute <strong>und</strong><br />

Symbole unterrepräsentiert. Mädchen <strong>und</strong> Jungen brauchen von Erwachsenen<br />

die Akzeptanz geschlechtstypischer Verhaltensweisen ebenso wie<br />

die Ermutigung, sich an<strong>der</strong>s zu verhalten. Für Mädchen gehört es dazu,<br />

sich abzugrenzen <strong>und</strong> zu behaupten, bei Jungen geht es darum, auch<br />

ihre verletzlichen Seiten wahrzunehmen <strong>und</strong> hinter störendem Verhalten<br />

Unsicherheit <strong>und</strong> Hilflosigkeit zu erkennen.<br />

Die Wahrnehmung <strong>und</strong> Bewertung kindlichen Verhaltens ist stark durch<br />

die eigene Geschlechtssozialisation geprägt, deshalb haben biografische<br />

Elemente in Fortbildung <strong>und</strong> Beratung einen wichtigen Stellenwert.<br />

Langfristig würde die Ausbildung männlicher Fachkräfte nicht nur männliche<br />

Vorbil<strong>der</strong> in den Kin<strong>der</strong>garten holen, son<strong>der</strong>n auch in den Teams die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Thema »Geschlecht <strong>und</strong> Aggression« verän<strong>der</strong>n.<br />

88<br />

Arbeitsstelle Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendkr<strong>im</strong>inalitätsprävention (Hrsg.):<br />

<strong>Strategien</strong> <strong>der</strong> <strong>Gewaltprävention</strong> <strong>im</strong> <strong>Kindes</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendalter</strong>.<br />

Eine Zwischenbilanz in sechs Handlungsfel<strong>der</strong>n. München 2007.<br />

www.dji.de/jugendkr<strong>im</strong>inalitaet

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