07.01.2013 Aufrufe

Handbuch des DAV

Handbuch des DAV

Handbuch des DAV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

740<br />

Klettersport und Naturschutz<br />

infolge der geringen Feinerdemengen halten hier hochwüchsige Pflanzen<br />

fern. Auch kulturhistorisch gesehen nehmen Felsen eine Sonderstellung ein:<br />

Flora und Fauna auf Felsen wurden, abgesehen von Steinbrüchen, nie<br />

menschlicher Nutzung unterworfen und stellen somit ein bislang ungestörtes<br />

Relikt dar, das in seiner Einmaligkeit mit unberührten Mooren oder den<br />

Resten von Urwäldern vergleichbar ist. Hier überlebten Pflanzen und Tiere,<br />

denen anderswo die Lebensgrundlage entzogen wurde. Will man der<br />

Sonderstellung und dem dadurch notwendigen Schutz von Felsen gerecht<br />

werden, so sind ausgewogene Konzepte notwendig, die einer übermäßigen<br />

Stickstoffanreicherung genauso entgegenwirken wie der Übernutzung durch<br />

Erholungssuchende.<br />

3.1 Die Flora der Felsbiotope<br />

Für den Artenschutz haben jene Felsen, die über das Kronendach der<br />

angrenzenden Bäume hinauswachsen, eine besondere Bedeutung. Denn<br />

gerade diese tragen eine Flora mit konkurrenzschwachen und vielfach sehr<br />

seltenen Pflanzen. Diese sind zwar empfindlich gegenüber Beschattung durch<br />

Bäume, aber den extremen Bedingungen der Felsen - Hitze, Kälte und<br />

Trockenheit - besonders gut angepasst. Man denke zum Beispiel an Pflanzen,<br />

die sich sowohl im Fränkischen und Schwäbischen Jura als auch in den Alpen<br />

finden, nicht aber in den dazwischenliegenden Landstrichen. Die seltenen<br />

Pflanzenarten in unseren Mittelgebirgsfelsen sind in unterschiedlichen<br />

Zeitaltern bei uns heimisch geworden. Viele dieser Pflanzen sind Überbleibsel<br />

der alpinen und arktischen Vegetation, die sich vor ca. 10.000 Jahren<br />

während der letzten Eiszeit in die spärlich bewachsene Tundra zwischen den<br />

Alpengletschern und den skandinavischen Eismassen zurückgezogen hatte.<br />

Andere Arten wanderten während dieser Periode von den östlichen Steppen<br />

her nach Mitteleuropa ein. Die nachfolgende Zwischenwarmzeit ermöglichte<br />

es sonnenhungrigen Gewächsen aus dem Mittelmeerraum, bei uns Wurzeln<br />

zu schlagen. Beginnend mit der Zeitwende verdrängten Baumarten wie die<br />

Rotbuche alle weniger durchsetzungsfähigen Pflanzen. Nur die Vegetation der<br />

über den Wald hinausragenden Felsen war vor diesem Konkurrenzdruck<br />

sicher. Bei näherer Betrachtung zeigen die offenen Felsbildungen eine<br />

enorme Standortvielfalt. Mag sich das Ökosystem Fels auch als ein buntes<br />

Mosaik darstellen, so gliedert es sich dennoch in deutlich unterscheidbare<br />

Substrukturen.<br />

Viele Pflanzenarten zeigen ein Verbreitungsmuster, das vom Ausgangsgestein<br />

abhängt. Silikatgesteine zeichnen sich durch einen hohen Artenreichtum der<br />

Niederen Pflanzen (Flechten und Moose) aus. Kalkgesteine dagegen bedingen<br />

eine wesentlich ausgeprägtere Vegetationsdecke mit Höheren Pflanzen. Um<br />

einen Eindruck von der ökologischen Vielfalt von Felsstandorten zu erhalten,<br />

werden im folgenden die ökologisch unterschiedlichen Standorte vom<br />

Wandfuß bis zum Gipfelbereich eines artenreichen Kalkfelsen im Frankenjura<br />

beschrieben.<br />

5. Auflage - Stand 05/2006

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!