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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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LILIT SIMONIAN<br />

ist eine archaische Welt der Symbole und nicht der Zeichen (Mcglashan 1987),<br />

obwohl sie wie jede Sprache auch eine eigene Morphologie und Syntax hat (Langer<br />

1987, S. 225). Da die Artikulation und die bezeichnenden Möglichkeiten jeder<br />

musikalischen Sprache nicht zu reichhaltig sind, kann man eine neue Musiksprache<br />

ganz leicht erlernen, wenngleich auch einige Symbole von verschiedenen Hörern<br />

anders dekodiert werden. Fritz Perls sagt: “Deine Worte lügen und verführen, der<br />

Klang jedoch ist ehrlich – vergiftend oder nahrhaft” (1969, zitiert nach Hegi 1993,<br />

S. 68). Musik wirkt durch Klänge, die Gefühle transportieren. Tausende Jahre<br />

hindurch haben Menschen versucht Beschränkungen zu etablieren, um aus Pathos<br />

Ethos zu machen oder diese Gefühle (und damit auch den ganzen Kosmos, weil ein<br />

Mensch Mikrokosmos ist) zu beherrschen. Und tausende Jahre hindurch sprach<br />

Musik zu Menschen mit ihrer eigenartigen Sprache, die - wie S. Langer, C. Levi-<br />

Strauss und andere geschrieben haben - denselben Denkensmodus wie der Mythos<br />

hat. Levi-Strauss findet hält es sogar für möglich, Mythen in die Musik zu<br />

übersetzen und umgekehrt (Levi-Strauss 1964, 1971). Nur ein kleiner Schritt – und<br />

wir versuchen gemeinsame Elemente in Musik und Mythos zu finden und ihre<br />

Natur zu untersuchen.<br />

So wie das mythische System mit archetypischen Bildern operiert, so arbeitet<br />

auch archaische Musik mit strukturellen und symbolischen Elementen<br />

archetypischen Ursprungs. Dazu gehören: Lebensbaum, Herr, Selbst, Zwillinge,<br />

Suche, Trinität/Quaternität, Quadrat/Kreis usw. Sehr wichtig ist in diesem<br />

Zusammenhang aber zu wissen, dass sie in der Musik als Klangereignisse, als<br />

musikalische Wendungen, Zusammenklänge, musikalisch strukturierte Zeit<br />

(Rhythmus) auftreten.<br />

Darin unterscheidet sich unsere Einstellung von den Meinungen anderer<br />

Autoren, ist es doch in der Musikwissenschaft üblich, jene archetypischen<br />

Erscheinungen in der Musik zu besprechen, die gar nicht musikalisch sind: zum<br />

Beispiel Archetypen in Mozarts “Zauberflöte”, die zu allgemeinen Symbolbildern<br />

gehören und nicht zum musikalischen Inhalt (Neumann 1959).<br />

Charakteristische Archetypen in der Musik<br />

Wir haben eine grosse Anzahl Volkslieder und instrumentale Musik<br />

verschiedener Völker der Welt untersucht und können nunmehr behaupten, dass in<br />

der Volksmusik eine Tonleiter mit drei Tönen in der Distanz von je einer Quart den<br />

archetypischen Lebensbaum vertritt. Genauso finden wir diesen Archetyp in der<br />

klassischen wie auch modernen und improvisierten Musik in drei Registern: Das<br />

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