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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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MARCO NAARDEN<br />

Social tuning level 2<br />

Mittlerweile, wenn uns das gelungen ist, kennen wir einander ein bißchen. Man<br />

kann von gegenseitigem Vertrauen sprechen, die Grundkenntnisse sind erlernt und<br />

eine gewisse Leidenschaft für die Musik ist geweckt. Dann ist der Zeitpunkt erreicht,<br />

um mit Gruppensitzungen, in diesem Fall den Bandproben, von 6 Personen<br />

anzufangen. Dann können Beobachtung und Übung, die wirkliche Arbeit, anfangen.<br />

Die Patienten sind nicht wie beim Zeichnen jeder für sich mit ihrer eigenen Arbeit<br />

beschäftigt, sondern zusammen an einem Produkt. Sie müssen einander zuhören<br />

und aufeinander reagieren. Etwas, was sie nicht gerade gewöhnt sind. Meistens sind<br />

sie mit sich selbst beschäftigt, mit ein bisschen Glück mit mir und höchst selten<br />

miteinander. Auch um in diesem Stadium die geringsten Erfolge erzielen zu können,<br />

sind die drei ersten Niveaus unentbehrlich.<br />

Der Prozess verläuft also wie folgt: im individual tuning wird die Fähigkeit<br />

erlernt, Können und Selbstvertrauen zu vergrössern um die Verteidigungs- haltung<br />

abzubauen. Danach wird im social tuning probiert, ihnen die Möglichkeit zu geben,<br />

besser in Kontakt mit sich selbst und anderen zu kommen. Die Voraussetzungen<br />

für die Entwicklung für Emphatie werden geschaffen.<br />

Die Entdeckung eines unerwarteten Talentes ist einer der schönsten Augenblicke<br />

im Unterricht. Mit den oft sehr energischen Personen ist die Arbeit sehr intensiv<br />

und die Entdeckung von positiven Eigenschaften für beide Seiten neu. Ich will das<br />

an einem Beispiel illustrieren.<br />

Kenneth: ein Beispiel<br />

Alle Elemente sind bei ihm im Überfluss vorhanden: musikalisches Talent, totales<br />

Fehlen sozialer und empathischer Fähigkeiten, ein hohes Maß an antisozialen,<br />

narzistischen und paranoiden Zügen. Kurzum: ein feiner Kerl. Ich nenne ihn<br />

Kenneth.<br />

Kenneth ist ein Mann mit voreingenommener Haltung gegenüber seiner<br />

Umgebung, sich selbst eingeschlossen. Er kompensiert ein schlechtes Selbstbild mit<br />

sehr agressivem Verhalten und ernstlichen sozialen Problemen. Er ist erst zufrieden<br />

wenn er der beste ist. Musik ist seine grosse Leidenschaft. Er hat eine grosse CD-<br />

Sammlung und eine teure Musikanlage. Wir fingen mit Gesangsübungen an. Schon<br />

schnell war klar, dass er eine gute Stimme hatte und sehr musikalisch war, auch<br />

wenn ich ihm das nicht sagen durfte. Er sang jede Nummer mit großer Leichtigkeit<br />

und auch die zweite Stimme war kein Problem, wenn ich die erste sang. Das waren<br />

individuell gerichtete Fähigkeiten. Sobald ich aber in eine andere Tonart<br />

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