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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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GABRIELE ENGERT-TIMMERMANN / TONIUS TIMMERMANN<br />

Zur Entwicklung der Atemtherapie<br />

Die therapeutische Arbeit mit Musik wurde unter dem geschichtlichen Aspekt<br />

bereits von einigen Autoren mehr oder weniger ausführlich beleuchtet (vgl.<br />

Timmermann 1994, S. 99 ff., 1989a, 1998). Für die Entwicklung der Atemtherapie<br />

soll im Folgenden ein Überblick angeboten werden.<br />

Das Wort „Atem“ ist verwandt mit dem indogermanischen „atman“, welches<br />

Hauch, Seele, Selbst bedeutet. Atemübungen und Atemtherapie waren bereits im<br />

Altertum bekannt, z.B. in Ägypten, China, Tibet, Japan und Indien (Lodes 1977, S.<br />

15). In Meditation und Yoga spielt der Atem eine zentrale Rolle. In vielen<br />

Geschichten und Gleichnissen symbolisiert er die seelische Lebenskraft, die aus<br />

einer transpersonalen Quelle gespeist wird. Auch im biblischen, für das Abendland<br />

zentralen Mythos haucht Gott dem ersten Menschen seinen Atem ein. Durch die<br />

Atmung kann Unbewußtes mit dem Bewußtsein verbunden werden. Die selbsttätige<br />

Rhythmik des Atemvorgangs wird vor allem über den Kohlensäuredruck im Blut<br />

sowie über andere Faktoren gesteuert, sie kann aber auch willkürlich beeinflußt<br />

werden. Darin liegt Chance und Gefahr jeder Beschäftigung mit dem Atem.<br />

In unserer Arbeit grenzen wir uns klar ab vom willensbetonten Atmen, wie es<br />

z.B. in der holotropen Therapie nach Grof (1987, S. 24 ff.) oder im Rebirthing<br />

eingesetzt wird. Wir stellen das Erleben des individuellen Atems in den<br />

Vordergrund, mit aller anfänglichen Verunsicherung, die das Bewußtwerden des<br />

eigenen Atems birgt. Dieser Zugang bringt den Menschen in Kontakt mit seiner<br />

Fähigkeit zu vertrauen und sich zu vertiefen, aber auch mit Ängsten und<br />

verschiedensten psychosomatischen Nöten. Indem diese besprochen und übend,<br />

letztendlich im Sinne korrigierender Neuerfahrung, bearbeitet werden, kommt ein<br />

Transformationsprozess in Gang, der sich wachstumsfördernd und stärkend auf die<br />

Gesamtpersönlichkeit auswirkt. Hier wird die Nähe <strong>zur</strong> tiefenpsychologisch<br />

orientierten Psychotherapie deutlich.<br />

Künstlerisch-musikalische, tänzerisch-gymnastische, tiefenpsychologische und<br />

medizinisch-naturheilkundliche Strömungen befruchteten zu Beginn dieses<br />

Jahrhunderts die Entwicklung der nicht-funktionalen Atemtherapie. Cornelis<br />

Veening war Sänger und durchlief eine Jung’sche Analyse. Aus dieser Erfahrung<br />

entwickelte er seine Atem- und Tonarbeit, die er weitervermittelte an<br />

Persönlichkeiten, die für die Entwicklung der Atemtherapie bedeutend waren, wie<br />

z.B. Gustav Richard Heyer, Ilse Middendorf und Herta Richter. Veening selbst<br />

nannte seinen methodischen Ansatz „atempsychologische Arbeit“, und er<br />

interessierte sich vor allem für das seelische Erleben des Menschen. „Es geht um die<br />

Kunst, unbewußtes Körper- und Atemgeschehen bewußt wahrzunehmen, ohne es<br />

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