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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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ROLAND WÖLFLE<br />

Verhalten ist immer zweckgerichtet, sodass nicht mit „warum“, gefragt wird, sondern<br />

mit „wozu (dient es)?“ Für die Absicherung des Selbstwertgefühls sind nicht<br />

objektive, sondern subjektive Aspekte bedeutsam. Die Dinge sind nicht so, wie es<br />

der Realität entspricht, sondern vielmehr so, wie jemand glaubt, dass sie sind. Somit<br />

entspringt jegliches Verhalten der Meinung, die die Betroffenen über sich und die<br />

Welt haben. Wahrnehmungen und Erfahrungen werden so eingefärbt und interpretiert,<br />

dass sie mit diesem persönlichen Weltbild in Einklang gebracht werden können<br />

(“tendenziöse Apperzeption“). Symptome und Verhaltensstörungen sollen<br />

kompensatorisch dazu dienen, dass andere aufmerksam werden oder sie sollen ein<br />

Gefühl von Bedeutung, Überlegenheit oder Macht vermitteln. Zum Krankheitsgewinn<br />

gehört es auch, andere zu beschäftigen, vielleicht sogar zu beherrschen oder<br />

einen Lebensweg zu beschreiten, der vor Konflikten und der Gefahr von Niederlagen<br />

schützt. Dies geschieht teils bewusst, teils unbewusst: „Der Mensch weiß mehr,<br />

als er versteht“ (Adler, 1987, S. 22). Solchen und anderen pathologischen Entwicklungen<br />

stellt Adler das Ziel des „Gemeinschaftsgefühls“ gegenüber, ein Gesellschaftsmodell<br />

mit gegenseitiger Verantwortung, Mitbestimmung, Respekt und Kooperation.<br />

In diese Richtung sollen sich sämtliche therapeutischen Interventionen<br />

orientieren.<br />

Zur Übersetzung individualpsychologischer Grundannahmen im musikalischen<br />

Ausdruck – Konzept einer Gruppentherapie<br />

Für das therapeutische Konzept standen im Vorfeld der Gruppentherapie folgende<br />

Überlegungen: Zunächst sollte versucht werden, aus spontanen oder geleiteten<br />

Einzel- und Gruppenimprovisationen auf die teils bewusst – teils unterbewusst<br />

intonierten und dadurch akustisch wahrnehmbaren Substrate der Individualpsychologie<br />

zu achten. Im Reflexionsprozess nach jeder Sequenz sollten die musikalischakustischen<br />

und emotionalen Wahrnehmungen verbalisiert werden. Dabei sollten<br />

die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre freien Assoziationen <strong>zur</strong> Verfügung stellen,<br />

um für den Gruppenprozess auch eigene Anteile beizusteuern. Auf gruppenbezogene<br />

Querverbindungen im Feld von Übertragung und Gegenübertragung sollte<br />

geachtet werden, um anhand dieser Muster Rückschlüsse auf lebensstiltypische Interaktionen<br />

ziehen zu können. Neben den Improvisationen sollten auch rezeptive<br />

musiktherapeutische Elemente ihren Platz haben, insbesondere im Sinne von klanggeleiteten<br />

Entspannungsübungen und Phantasiereisen, um auch auf diese Weise<br />

unterbewusstes Material freisetzen zu können.<br />

Durch die vielfältigen Beiträge aus Selbst- und Fremdwahrnehmung sollte den<br />

Betroffenen schließlich ein differenziertes Gesamtbild <strong>zur</strong> Verfügung gestellt wer-<br />

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