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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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REGINA HALMER-STEIN<br />

ausgebildete BetreuerInnen in Schule oder Kindergarten nicht abgedeckt wird, zu<br />

übernehmen. Psychotherapie im klassischen Sinne wird allerdings noch selten für<br />

Klientengruppen, die durch ihre geistige Behinderung einer verbalen Reflexion<br />

schwer oder nicht zugänglich erscheinen, als indiziert betrachtet. Warum aber<br />

sollten die grundlegenden Ziele von Psychotherapie, nämlich die Aufhebung von<br />

Leidenszuständen, Verhaltensauffälligkeiten und die Persönlichkeitsentfaltung nicht<br />

auch für behinderte bis hin zu schwerst mehrfach behinderten Menschen von<br />

basaler Bedeutung sein?<br />

Schwerstbehinderte und schwerst mehrfach behinderte Kinder heben sich von<br />

weniger schwer behinderten Menschen insbesondere durch das Ausmaß dessen ab,<br />

was uns nicht-nachvollziehbar erscheint, was wir durch verstandesmäßige Konzepte<br />

nicht erfassen können. Die Sprache fehlt, oft sogar jeglicher stimmlicher Laut, die<br />

Bewegungen sind sehr eingeschränkt, oft stereotyp, Aktion und Reaktion erscheinen<br />

häufig zusammenhangslos. Dieses Unverständliche wird insbesondere von der<br />

Umwelt der KlientInnen häufig als ein zu Reparierendes oder zu Beseitigendes<br />

erachtet.<br />

Diese Kinder haben in allen Lebensbereichen enorme Probleme und<br />

Entwicklungsstörungen gehen bei ihnen Hand in Hand mit<br />

Wahrnehmungsstörungen. Es besteht ein massives Defizit darin, Wahrnehmungen,<br />

Eindrücke und Erfahrungen zu verstehen, diese sinngebend zu verarbeiten, für sich<br />

zu interpretieren und zu integrieren. Daraus resultiert häufig Rückzug aus dieser<br />

unverständlichen Welt und ihrer nicht verarbeitbaren Signale. Lust und Stimulation,<br />

Motivation und Aktivität finden bevorzugt auf der Ebene des eigenen Körpers statt,<br />

in dem das noch undifferenzierte Selbst mit eben diesem<br />

als einzig verstehendem Subjekt und verstandenem Objekt in Verbindung steht.<br />

Menschen mit geistiger Behinderung erleben von Geburt an, daß ihrem realen<br />

Körper (i.S. von physisch) eine besonders intensive Fürsorge und Zuwendung<br />

entgegengebracht wird. Es wird ihnen oft nur über den Körper zugehört, wodurch<br />

dieser gleichsam mit der Gesamtperson identifiziert wird. Dieser „überinvestierte“<br />

Körper ist somit meist das einzige Sicherheit bietende und folglich auch das<br />

favorisierte Objekt geistig behinderter Menschen.<br />

Möchte man nun die Gefühlswelt der Kinder wahrnehmen und verstehen, so<br />

muß man sich mit diesen nicht nachvollziehbaren und durch verstandesmäßige<br />

Konzepte nicht zu erfassenden Erscheinungen auseinandersetzen. Dies kann nur<br />

auf einer Resonanz gebenden Ebene geschehen, die Monique Schneider<br />

folgendermaßen beschreibt: „Jemand anderem zuzuhören, bedeutet, sich selbst<br />

zuzuhören; ein Echo in der Person entsteht innerhalb der Gebärmutter der<br />

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