29.05.2014 Aufrufe

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

LILIT SIMONIAN<br />

traditionelle Musikformel dreimal wiederholt und dann modifiziert (Masel-<br />

Zukkermann 1967). Als wir ein Experiment mit Musiktherapiestudenten machten<br />

(von denen keiner Erfahrung mit Volksmusik hatte), haben wir bemerkt, dass sie<br />

dreimal eine Mantra-Formel ohne Modifikation wiederholten und erst dann<br />

anfingen, rhythmische und melodische Varianten zu singen. Die “vierer-Takt<br />

Modifikation” (Masel-Zukkermann 1967) ist ein weiteres Auftreten des<br />

Trinität/Quaternität Archetyps.<br />

Die Physiologie ist sehr erfolgreich, wenn sie einige psychische Prozesse zu<br />

erklären versucht. Deshalb ist es sehr wichtig, die Verbindung zwischen<br />

Numinosität und Pavlovs sschibka (Pavlov 1951), zwischen modellierenden<br />

Archetypen und Simonovs Mutagenesis (Simonov 1970) herauszufinden. Das<br />

heisst natürlich nicht, dass wir die Phänomene höherer Ebene auf das Niveau der<br />

Physiologie reduzieren sollen. Archetypen sind die ersten und niedrigsten<br />

psychischen Elemente, der Startpunkt für Psyche, die über das physiologische<br />

System und die biologische Triebe gewachsen ist.<br />

Ebenen der Wirkung von Musik<br />

Wir wissen alle, dass Musik auf Leib und Seele wirkt und dass diese zweifache<br />

Wirkung in sich zusammenhängend aber widersprüchlich sein kann. Wenn meine<br />

Intelligenz Disco-Musik nicht ertragen kann, so bedeutet das nicht, dass ich nie zu<br />

dieser Musik tanzen und mich dabei wohl fühlen kann. Dies geht wohl auf die vier<br />

Ebenen der Musik-Wirkung <strong>zur</strong>ück. Was wir hier sagen, hat wenig mit dem<br />

Verständnis der Ebenen nach Hartmann (1951) oder Orloff (1991) zu tun. Es fällt<br />

auch nicht unbedingt unter das, was die theoretische Psychologie darunter versteht<br />

(siehe z.B. Bruhn 1997, S. 452 ff.). Gemeint sind folgende Ebenen der<br />

Musikwahrnehmung:<br />

a) die physiologische (Wirkung auf unser Organismus)<br />

b) die archetypische (Ausrufen von allgemeinen Quellen der Numinosität),<br />

c) die emotionale<br />

d) die rationale oder ästhetische (Wirkung im Zusammenhang mit Thesaurus und<br />

semantischen Komplexen des Zuhörers).<br />

Das archetypische Niveau der Wirkung von Musik ist unvermeidlich, obwohl<br />

ethisch und ästhetisch indifferent. Das heisst, wir können nie sagen: “es bewirkt<br />

nicht”, wir können nur eingestehen “es wirkt nicht so, wie es geplant war”. Wir<br />

finden es an dieser Stelle passend, ein sehr bekanntes russisches Lied zu erwähnen:<br />

“Der Heilige Krieg” von A. Alexandrow, das während des Zweiten Weltkrieges<br />

108

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!