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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Musik im Traum<br />

mit dem Gedanken: Wie komme ich heran an diese Urstrukturen der Musik, die<br />

zugleich auch die Urstrukturen der Seele sind“ (Streich, 1980, S. 261).<br />

Im Zusammenhang mit diesem wichtigen Traum folgte ein langes Gespräch des<br />

Psychiaters mit der Autorin. Er war höchst interessiert an den Forschungsergebnissen<br />

der Autorin <strong>zur</strong> Bedeutung der Musik im Traum. Sie schenkte ihm daraufhin<br />

einen kleinen Sonderdruck, aus dem die folgenden Passagen besonders gut zu seinem<br />

Traum passten:<br />

„Von vielen Menschen wird Musik lediglich als Sprache des Gefühls verstanden,<br />

und ohne Zweifel ist das ein besonders wichtiger Aspekt. Im Ganzen betrachtet<br />

jedoch ist Musik dem Fühlen ebenso verbunden wie dem Denken, dem Intuieren<br />

ebenso wie dem sinnenhaft Wahrnehmen und Empfinden, der Introversion wie der<br />

Extraversion, dem Individuum ebenso wie der Gemeinschaft, dem Männlichen e-<br />

benso wie dem Weiblichen und dem Bewussten ebenso wie dem Unbewussten.<br />

Musik als Sprache des Gefühls vermag Zugang zu vermitteln zu den praeverbalen<br />

und emotionalen Tiefenschichten der Psyche. Musik als der Mathematik und dem<br />

Denken engstens verbundene Erscheinungsform, hat ihre Wurzeln in den der Psyche<br />

innewohnenden zahlhaft geordneten Urstrukturen, aus denen lebendige Form<br />

immer wieder neu ihren Anfang nimmt. Musik als musikalisches Handwerk ist engstens<br />

der Materie verschwistert und hat es zu tun mit den hörbaren, sichtbaren,<br />

fassbaren und handgreiflichen Gegebenheiten der musikalischen Materie und des<br />

musikalischen Stoffes. Musik als der Intuition verbundene Potenz vermag Zugang<br />

zu vermitteln zu den Bereichen des ganzheitlichen Schauens und Erlauschens des<br />

Hintergrundes der äusseren Erscheinungen und der in den Dingen ruhenden Möglichkeiten.<br />

Musik verlangt ebensoviel hingebungsvolle Nachaussenwendung wie besonnene<br />

Nachinnenwendung und ist dem expansiv-Dionysischen ebensosehr verbunden<br />

wie dem kontemplativ-Apollinischen“ (Streich, 1975, S. 5f).<br />

8. Begegnung mit Johann Sebastian Bach<br />

Es gibt auch Träume, in welchen Komponisten erscheinen. So träumte z.B. ein<br />

Musiker (33 Jahre), der sich intensiv mit den Fragen musikalischer Ornamentik beschäftigte,<br />

folgendendes: „Ich ging vor mich hin, als ich plötzlich neben mir einen<br />

Begleiter entdeckte. Es durchfuhr mich, als ich das freundliche, etwas breite, rosige<br />

Antlitz, den rosa Staatsrock mit den charakteristischen Silberknöpfen sah: Es war<br />

Johann Sebastian Bach, wie ich ihn von dem Pastellgemälde aus dem Besitz Philipp<br />

Emanuels her kannte. Er war ein Revenant und doch ganz leiblich, thüringisch<br />

freundlich. Tiefe Ehrfurcht überkam mich. Schweigend gingen wir nebeneinander<br />

her, während ich überlegte, wie ich wohl anreden sollte. Im Geiste wiederholte ich:<br />

Organist in Weimar, Konzertmeister in Köthen, Kantor in Leipzig, ah natürlich,<br />

königlich polnischer Hofkompositeur des Dresdner Hofes. So wagte ich denn Bach<br />

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