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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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REGINA HALMER-STEIN<br />

erhalten. Hinwendung nach Außen hätte Verlust der Sicherheit bedeutet. Durch das<br />

Erleben der Stimmigkeit im Containment kann das Sicherheitsbedürfnis nun<br />

teilweise aufgegeben werden.<br />

Maria ist infolge einer Frühgeburt schwerstbehindert und blind, ihre Probleme<br />

sind mannigfaltig. Die Probleme jedoch, die die Betreuerinnen dazu veranlaßt haben<br />

eine Musiktherapie vorzuschlagen, sind:<br />

• massives selbstverletzendes Verhalten: Maria haut mit ihren Fäusten auf<br />

ihren Kopf ein<br />

• ihre große Intoleranz gegenüber Veränderungen: Maria ist nur selten dazu<br />

bereit etwas zu tun, auch wenn sie es gut könnte<br />

• Eßprobleme: Maria weigert sich häufig zu essen, bzw. gefüttert zu werden;<br />

bisher konnte immer wieder knapp eine Sondenernährung vermieden werden<br />

• im Gespräch mit den Eltern wurden noch schwerwiegende Schlafstörungen<br />

erwähnt: Maria schläft trotz Höchstdosis an Schlafmitteln oft nächtelang<br />

nicht.<br />

Wenn Maria nicht beschäftigt wird, liegt sie zusammengerollt, meist mit einer<br />

Decke über dem Kopf und einem Polster um den Hals: Sie fühlt sich wohl in<br />

Höhlen, eingehüllt und umschlossen. Manchmal spielt sie mit aufgehängten Löffeln,<br />

Perlenschnüren oder Ähnlichem, benutzt dieselben aber auch gelegentlich um sich<br />

selbst zu verletzen. Maria liebt Vibrationen, wie z.B. jene von einem<br />

Massageschlauch hervorgerufene, und hört laut Auskunft der Eltern und<br />

Lehrerinnen gerne Musik. Manchmal schaukelt sie sich selbst hin und her. Wenn<br />

sich jemand mit Maria beschäftigt, in ihre Welt eindringt, möchte sie am liebsten<br />

von einer Betreuerin getragen werden oder zumindest an diese angeklammert sein;<br />

wenn sie Schmerzen hat oder sich gestört fühlt, schreit sie mürrisch und schlägt sich<br />

auf den Kopf, im Abklingen ihres Ausbruchs knirscht sie - sich selbst beruhigend -<br />

mit den Zähnen.<br />

Zu Beginn unserer gemeinsamen Arbeit standen nach meiner Mutmaßung Marias<br />

Sehnsucht nach Verschmelzung, Symbiose und nach Nicht-Geboren-Werden im<br />

Vordergrund. Wir schaukelten gemeinsam in der Hängematte, während ich unsere<br />

Schaukelbewegungen musikalisch verstärkte, umspielte und von dem Bedürfnis<br />

sang, ganz eins zu sein mit mir und der Umgebung: Ich sang von dem Wunsch,<br />

wieder in die beschützende Höhle, den Bauch <strong>zur</strong>ückzukehren, und davon, daß sie<br />

noch nicht bereit war, geboren zu werden. Ein Beobachter dieser Situation hätte<br />

vielleicht einwenden mögen, daß die gesungenen Texte von Maria nur ansatzweise<br />

verstanden werden konnten und diese wohl eher mich in meinem Verständnis<br />

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