29.05.2014 Aufrufe

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ISABELLE FROHNE-HAGEMANN<br />

eigentlich nicht nur auf „inner“-seelische Prozesse beziehen, sondern müßte<br />

Psychisches auch unter dem Aspekt der vielfältigen und vielschichtigen bio-psychoökologischen<br />

Vernetzungen behandeln. Deshalb spricht Petzold in diesem<br />

Zusammenhang von „Humantherapie“ im Sinne des griechischen „therapeuein“ als<br />

„Verbindung von Heilkunst, Gesundheitsförderung und Kulturarbeit“ (Petzold,<br />

1993c, S. 11).<br />

Unsere Leiblichkeit verbindet uns unlöslich mit unserer Lebenswelt. Diese<br />

Verbindung bzw. „Ko-respondenz“ liegt „primordial“, d.h. ursächlich, in der<br />

„koexistierenden Gegebenheit der Lebenswelt und der Intentionalität des Leibes“<br />

begründet und geht über in eine „intersubjektive Ko-respondenz, die in der<br />

koexistiven Verfasstheit des Subjekts gründet und auf Bedeutungssinn als<br />

zwischenmenschliches Ereignis gerichtet ist“ (Petzold, 1993a, S. 33). Diese<br />

ursprüngliche Ko-respondenz ist vielleicht nur als rechtshemisphärische Sprache<br />

erlebbar, als die Sprache des „Dazwischen“: beziehungsreich, ganzheitlich,<br />

manchmal scheinbar völlig unlogisch. Die primordiale Ko-respondenz ist eine<br />

Weise des Seins, für das Vergangenes und Zukünftiges nur Projektionen des Hier<br />

und Jetzt sind. Der Traum macht meiner Meinung nach diese primordiale Korespondenz,<br />

das tiefe leiblich-ontologische Verwurzeltsein in unserer Lebenswelt<br />

deutlich.<br />

Und dieses Sein kommt auch in der Musik auf Grund einer ursprünglichen<br />

„leibmusikalischen Ko-respondenz“ (Frohne-Hagemann, 1994, S. 31ff.) zum Ausdruck,<br />

wenn wir spielen oder uns auf ein Musikstück hörend hier und jetzt einlassen. Wir<br />

sind im Wesen Musik.<br />

Der „Leib als totales Sinnesorgan“ (Merleau-Ponty, 1945) erschließt uns den<br />

jeweiligen Sinn eines Geschehens. Der Sinn (eines Traumes etwa) „entsteht aus der<br />

komplexen, polyästhetischen Wahrnehmung der Sinne meines Leibes, der in<br />

Intentionalität <strong>zur</strong> Welt steht“ (Petzold, 1993c, S. 33).<br />

Wenn ein Klient einen Traum erzählt und diesen z.B. musikalisch im Hier und<br />

Jetzt reinszeniert, wird der Traum auch durch die leibliche Präsenz des Therapeuten<br />

(und der Therapiegruppe) beeinflusst, weil diese die Bühne der Inszenierung mit<br />

betreten. Die leibliche Anwesenheit des Therapeuten hat eine zwischenleibliche<br />

Kommunikation mit dem Klienten und dessen Wahrnehmung und Gestaltung des<br />

Traumes <strong>zur</strong> Folge, was die Traumbearbeitung immer zu einem intersubjektiven<br />

Geschehen macht. Dies bedeutet, dass wir den Traum eines Klienten nur vor dem<br />

Hintergrund unserer gemeinsamen intersubjektiven Beziehung verstehen lernen<br />

können.<br />

Sinn hat zwei Komponenten: Struktur und Bedeutung, wobei die Bedeutung aber<br />

erst im intersubjektiven Austausch erfasst wird, wenn man sich darüber einig wird,<br />

was die Struktur jeweils bedeuten könnte. Sinn entsteht nur aus geteiltem Sinn, aus<br />

60

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!