29.05.2014 Aufrufe

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

JOS DE BACKER / JAN VAN CAMP<br />

nicht allein sein muss in seinem chaotischen Ausdrücken und Erleben. Der<br />

Musiktherapeut hat die Mittel, um bei dem Patienten zu sein, ohne diesen zu<br />

behindern. Dies erreicht er nicht alleine durch seine Haltung, sondern auch durch<br />

sein engagiertes Mitspielen. Hierdurch kann der Patient, manchmal zum ersten Mal,<br />

das Gefühl haben, daß jemand an seinem Erleben teil hat. Es spielt jemand mit, der<br />

aber doch nicht mitgeschleift, nicht verängstigt wird; es ist jemand da, der ihm das<br />

Gefühl vermittelt, daß er durch seinen Ausbruch niemanden vernichtet.<br />

Das Vertrauen und die Belastbarkeit eines Musiktherapeuten<br />

Während der musikalischen Improvisationen wird der Musiktherapeut manchmal<br />

mit den Grenzen seiner eigenen musikalischen und mentalen Belastbarkeit<br />

konfrontiert. Es passiert manchmal, daß Studenten erschreckt zu einem<br />

Musikinstrument laufen, um dies abzudämpfen, wenn Patienten sich laut und<br />

wahrscheinlich manchmal zu laut ausdrücken oder entladen. Können oder müssen<br />

Patienten in ihrem musikalischen Ausdruck manchmal gestoppt oder gebremst<br />

werden durch direkte Interventionen? Es geht also um die Fragestellung der eigenen<br />

Belastbarkeit und die Grenzen des Therapeuten. Ist sein eingreifendes Handeln<br />

nicht zu oft durch eigene Ängste und Verkrampfungen im Ausdruck gesteuert? So<br />

kann zum Beispiel bei der Arbeit mit psychotischen Patienten die Phantasie<br />

entstehen, dass der Gebrauch des Gonges eine psychotische Reaktion herausfordert<br />

und deshalb kontraindiziert ist, wie dies übrigens durch verschiedene<br />

Musiktherapeuten beschrieben worden ist. Es ist nicht so sehr von Interesse, welche<br />

Musikinstrumente bei Psychosen indiziert sind, sondern die Frage, wie der<br />

Musiktherapeut sich selbst gegenüber den mehr primitiven Mechanismen in seiner<br />

eigenen Psyche verhält. Alles das, was er selbst nicht durchgearbeitet hat, ist<br />

bedrohlich für seinen Patienten. Eine noch grössere Bedeutung haben die eigenen<br />

Gegenübertragungsängste für die psychische Dekompensation, die auf den<br />

Patienten projiziert werden, denn sie untergraben eine therapeutische Haltung.<br />

Auch das Zuhören des Patienten wird selektiert durch die Ängste des Therapeuten.<br />

Wichtig ist, dass der Therapeut immer offen bleibt, um die Gefühle oder die<br />

Prozesse, die durch spezifische Klänge herausgefordert werden, begreifen und<br />

tragen zu können. Er soll bleibend Fühlung halten mit der Resonanz zwischen den<br />

Klangstrukturen, Harmonien und Rhythmen und den emotionellen Spannungen.<br />

Wolfgang Strobel gibt hierzu ein sehr treffendes Beispiel in dem Buch „Musik,<br />

Spiegel der Seele“. Er beschreibt hierin, wie er zusammen mit einem älteren<br />

Kollegen Wochenend-Selbsterfahrungskurse organisierte. Als dieser Kollege das<br />

16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!