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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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HILDEMARIE STREICH<br />

Es ist uraltes Gedanken- und Erfahrungsgut, das Fludd an seinen Monochord-<br />

Darstellungen anschaulich werden lässt. Nach dieser Sicht ist Musik hörbar und unhörbar<br />

allgegenwärtig. In der einen Monochord-Saite ist nicht allein das gesamte<br />

vorhandene Tonmaterial verborgen. Sie ist zugleich Sinnbild für den von Gott ausgehenden<br />

und bis <strong>zur</strong> Erde reichenden Lebensgeist. Das Erdenleben gilt als Ü-<br />

bungs- und Entwicklungsfeld, auf dem der Mensch sich nach und nach seiner<br />

evolutionären Bestimmung als lebendiges Bindeglied zwischen Schöpfer und Geschöpf,<br />

zwischen Diesseits und Jenseits bewusst werden kann. Erst nach Erfüllung<br />

seines Lebensauftrages im irdischen Bereich werde, so heisst es, Gott selber, dem<br />

das ganze Weltall gehöre, den Menschen aus seinem Körper befreien und ihm den<br />

Zutritt in die jenseitigen Welten gestatten. Denn nicht ohne Geheiss dessen, der<br />

dem Menschen die Seele verliehen habe, dürfe der Mensch „aus dem irdischen<br />

Leben scheiden, damit es nicht scheine, als habe er sich der von Gott<br />

vorgezeichneten menschlichen Bestimmung entziehen wollen“ (Cicero, nach Stege,<br />

1961, S. 109).<br />

Die folgende Serie von ausgewählten Traum-Beispielen zeigt, dass diese uralte<br />

Musikerfahrung keineswegs nur eine Sache der Vergangenheit darstellt, sondern bis<br />

in die Gegenwart wirksam ist und in immer wieder neuen, individuell abgewandelten<br />

musikalischen Themen in den Träumen neuzeitlicher Menschen aufklingt.<br />

Beispiele von Musik-Träumen<br />

1. Der Musik-Baum<br />

Dieser Traum stammt von einer 39jährigen Lehrerin, deren Vorfahren sowohl<br />

deutsch-evangelischer als auch französisch-katholischer und jüdischer Herkunft waren.<br />

Sie war dabei, das kostbare religiöse Erbe dieser verschiedenen Richtungen miteinander<br />

zu verbinden und bewusst in die Ganzheit ihres individuellen Lebens aufzunehmen.<br />

Der Traum lautet: „Ich bin in einer Kirche, ähnlich der Wallfahrtskirche in Birnau<br />

am Bodensee. Dort befinde ich mich auf der Empore. Eigenartigerweise ist aber<br />

diese Empore wie das grosse breite Geäst eines Baumes, der aus den Tiefen der Erde<br />

aufragt nach oben in die blauen Lüfte und Wolken des Himmels hinein. Ich stehe<br />

da so ganz bequem im hohen, kräftigen Wipfel dieser Baum-Empore und gucke mir<br />

die über mir befindliche Decke mit den vielen musizierenden Engeln an. Aber diese<br />

Decke besteht nicht, wie in Birnau, aus mit Fresken bemaltem Stein, sondern sie ist<br />

wie ein fast greifbarer musizierender Himmel über mir. Alles ist sehr wirklich und<br />

lebendig. Die Musik ist von ganz eigentümlicher Schönheit, jubelnd und tiefgründig<br />

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