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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Zur Arbeit mit Traum und Imagination<br />

Musiktherapie hat mit der Integrativen Musiktherapie darin Ähnlichkeit, dass der<br />

Traum und entsprechend die musiktherapeutische Improvisation als Gestaltbildungsprozess<br />

mit fließenden Figur-Hintergrund-Konfigurationen verstanden<br />

werden, deren Sinn in der gemeinsamen Improvisation erfahr- und teilbar wird.<br />

Allerdings unterscheiden sich die Methoden dadurch, dass die Morphologen<br />

seelisches Geschehen letztlich auf der Basis psychoanalytischer Theorie deuten,<br />

während die Integrativen Musiktherapeuten stark sozialpsychologische Sichtweisen<br />

einbeziehen, und dem „Seelenleben“ immer unter dem Aspekt der „social worlds“<br />

(Strauss, 1978) Rechnung tragen. Was meine „Seele“ bewegt, ist eben stark von<br />

sozialen Kognitionen bestimmt und gefärbt und steht nicht als Wirkungsgefüge<br />

bzw. als eine Art Wolkengebilde ohne Hintergrund da. Durch diesen Umstand<br />

unterscheiden sich beide Methoden natürlich auch in den verwendeten Techniken<br />

bei der Bearbeitung des Traumes.<br />

Sinn und Leiblichkeit<br />

Träume wie Improvisationen sind nach unserem Verständnis eine ursprüngliche<br />

Sprache (Petzold, 1977) insofern, daß wir keinen im psychoanalytischen Sinn<br />

latenten (neurotischen) Trauminhalt annehmen. Jede Sprache ist allerdings sozial<br />

vermittelt und die Sprache des Traumes ist sicher eine, die vor der verbalen gelernt<br />

wurde und noch ganz vom sprachlichen „Dazwischen“ lebt, von gefühlsbetonten<br />

Interaktionen und emotionalen Klimata. Der Traum trägt seinen Sinn in sich selbst.<br />

Jede kausal-analytische Interpretation verkürzt ihn. So lange es irgend geht,<br />

bearbeiten wir Träume auf der emotionalen und symbolischen Ebene, sowohl<br />

musikalisch als auch sprachlich, um nicht Gefahr zu laufen, den Traum voreilig zu<br />

interpretieren. Musiktherapeutische Traumbearbeitung ist deswegen erlebniszentriert,<br />

eine kreative Reise, die an die Prozesse des Traumgeschehens anschließt,<br />

um Sinn in seinem größtmöglichem Reichtum zu finden.<br />

Es geht also nicht (nur) um Sinnfindung im Sinne von Einsicht, sondern um ein<br />

tieferes Sinnverständnis, was ich im Folgenden erklären möchte.<br />

Die Technik der Traumbearbeitung ist in der Integrativen Musiktherapie<br />

verankert in dem phänomenologisch-hermeutischen Zugang "vom Leibe" aus (Merleau-Ponty,<br />

1966). Sinnfindung über unsere leiblichen Vermögen ist ein zentrales Anliegen der<br />

Integrativen Musiktherapie. Es werden komplexe Konzepte von Sinn und<br />

Leiblichkeit aufgegriffen, wie sie von Merleau-Ponty (1945, 1966), Luhmann (1971),<br />

Waldenfels (1971) und Petzold (1973, 1993d) ausgearbeitet wurden. Da der Mensch<br />

in seiner Leiblichkeit keine Monade, sondern ein ökologisches Teil des Ganzen ist<br />

und auch aus dieser Verantwortung nicht fliehen kann, dürfte sich Therapie<br />

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