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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Musiktherapie als psychotherapeutischer Weg<br />

gehen muß. Der Klient geht weder an den Strand, noch in den Wald und auch in<br />

keine Höhle, sondern er geht in die Infrastruktur seiner eigenen erlebten Erfahrung,<br />

in Zeiten und Orte, die für ihn besonders interessant sind und vielleicht nur einen<br />

Augenblick zwischen einem besonderen Reiz und der Reaktion bedeuten.<br />

Die Erzählung des Klienten enthält Andeutungen über die Infrastruktur seiner<br />

Erfahrung. Und diese Andeutungen ermöglichen es dem Therapeuten behutsam<br />

und unaufdringlich in die unbewusste Welt des Patienten einzutreten. Die<br />

Erinnerungen des Klienten, die äußeren Metaphern, die inneren physiologischen<br />

Symbole oder semantische Konzepte werden in eine Form gebracht, und der Klient<br />

erlebt – vielleicht zum ersten Mal – wie seine Welt entsteht, was er will, wie er es<br />

weiß, daß er etwas weiß, und welche Gedanken des Glaubens und Mythen sich auf<br />

dem Grunde seiner spirituellen Welt befinden. Der Klient erfährt seine Infrastruktur<br />

und wie sie sich gebildet hat.“ (1992, S.10).<br />

Das nun folgende Beispiel handelt von solch einem Weg. Auf diesem Weg waren<br />

die Metapher in ihrer klanglichen Form und der Beitrag von Tönen <strong>zur</strong><br />

Metaphernbildung von zentraler Bedeutung. (In der musiktherapeutischen<br />

Fachliteratur und Forschung ist dem Phänomen der Metapher in eben dem Medium<br />

Musik explizit bislang noch kaum Aufmerksamkeit zuteil geworden. Gleichzeitig<br />

kann wohl davon ausgegangen werden, dass sie in der musiktherapeutischen Praxis<br />

da und dort ihren Stellenwert hat.) Für heutige Metapher-Theorien ist die Metapher<br />

als ein Mittel der Wahrheitssuche anerkannt und gilt als eine eigenständige Form der<br />

Reflexion (Groove und Panzer,1992, zit. nach Oberegelsbacher 2001, S. 70).<br />

Der 16jährige Junge im Tageszentrum hatte mich mit seinen autistischen Zügen<br />

immer in Verlegenheit gebracht, wenn er darauf bestand, zu Weihnachten oder zu<br />

seinem Geburtstag als Geschenk ein Zaubersalz und einen Zauberstab zu<br />

bekommen. Ich war berührt und perplex und dann stets erleichtert, dass nicht ich<br />

diejenige sein musste, welche die Geschenke besorgte. Hingegen war es mir<br />

beschieden, mit ihm innerhalb musiktherapeutischer Einzelstunden zu arbeiten und<br />

in diesem Rahmen eines Tages auch die Angst vor einem bevorstehenden<br />

Zahnarztbesuch zu bearbeiten, den der Junge in einigen Wochen zu bewältigen<br />

hatte....<br />

Das Spiel, welches ich nun beschreiben werde, ist zu einer Metapher geworden –<br />

zu einem weitreichenden Weg, der Veränderungen bewirkte, als wäre tatsächlich<br />

„Zaubersalz“ im Spiel gewesen! Trotz beträchtlicher Angst hat er die ärztliche<br />

Behandlung gut überstanden. Ausserdem hatte sich durch eine eigentümliche<br />

Fügung das seltene Privileg ergeben, einen positiven Transfereffekt zu verifizieren -<br />

d.h. zu überprüfen, ob das in der Therapie Gelernte auch in andere Lebensbereiche<br />

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