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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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JOS DE BACKER / JAN VAN CAMP<br />

werden. Das Verbalisieren und das Einsichtnehmen in den Inhalt der musikalischen<br />

Entladung, das Umgehen-lernen und die Bewußtwerdung von Konflikten, welche<br />

diese Spannungen hervorrufen, ist ein essentieller therapeutischer Moment.<br />

Nicht selten kommt die Frage, warum man die Bedeutung der Entladung<br />

verbalisieren muss. Die kathartische Spannungsabfuhr durch Musik, ohne zu wissen,<br />

was die Gefühle bedeuten, welche die Spannung hervorrufen, garantiert schon eine<br />

vorläufige Erleichterung. Es wird dadurch aber nicht verhindert, daß die<br />

Spannungen in jedem willkürlichen Augenblick wieder auftreten können, solange die<br />

darunterliegenden Konflikte nicht verstanden werden.<br />

Vor allem Trommeln laden <strong>zur</strong> Triebabfuhr ein. Stellen wir uns folgendes Bild<br />

vor: Die Instrumente stehen in einem Zirkel aufgereiht, wobei die Congas einander<br />

fast berühren, in der Mitte die Drehpauke. Durch eine spezifische Aufstellung<br />

werden das Gruppengefühl und die Kommunikationsmöglichkeit vergrößert. Die<br />

Oberansicht der Instrumente könnte an einen musikalischen Tisch denken lassen.<br />

Die Pauke, die in der Mitte der Gruppe steht, ist eine Art Gruppenobjekt. Dieses<br />

Instrument gehört niemandem individuell, aber es gehört <strong>zur</strong> Gruppe. Auf dieser<br />

Pauke wird nur kommunikativ mit den anderen Gruppenmitgliedern gespielt, und<br />

sie ist der Ausdruck der Gruppenkohäsion. Auf diesem Instrument wird man sich<br />

weniger individuell entladen, hier steht die Gruppe zentral. Zum Anfang wird mit<br />

Schlegeln gespielt, wobei die emotionelle Bezogenheit noch gering ist, im Gegensatz<br />

zu der eher emotionellen Färbung, welche bei einem direkten Kontakt mit den<br />

Händen auf den Congas entsteht.<br />

Ein Beispiel<br />

Es geht um eine Einzel<strong>musiktherapie</strong> mit einem 12jährigen Jungen, der<br />

psychisch, visuell und motorisch behindert ist. Am Anfang jeder Sitzung taste ich<br />

musikalisch seine Stimmung ab, wobei der Junge selbst die Freiheit hat, zu reagieren<br />

oder nicht. Diese Ausdrucksweise, meistens fragmentiert und chaotisch, nehme ich<br />

in meinem Spiel auf, gebe ihm eine Gestalt und gebe es dadurch dem Patienten in<br />

einer akzeptierten Gestalt <strong>zur</strong>ück.<br />

Ein anderes Beispiel<br />

Danny war ein Junge, der in seinem Denken und Handeln sehr chaotisch war. In<br />

den Sitzungen fluktuierte er zwischen einer Aktivität und der anderen. Durch das<br />

Begleiten seiner Gefühle mittels Musik konnte ich ihm Strukturen anbieten und<br />

seine Gefühle kanalisieren. Erst nach einer musikalischen Entladung konnten wir<br />

auf eine etwas mehr strukturierende Weise arbeiten, und ich konnte mehr<br />

Kontinuität in die Sitzungen bringen.<br />

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