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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Popmusik als Teil des Behandlungsprogrammes<br />

unterhalte ich sowohl eine therapeutische als auch eine musikdidaktische Beziehung.<br />

Meine Gründe für die Arbeit mit Popmusik sind folgende:<br />

• Popmusik hat eine einfache und deutliche Struktur. Patienten mit geringer<br />

innerer Struktur brauchen einen deutlichen Rahmen, in dem sie sich ausdrücken<br />

und spielend bewegen können.<br />

• Es bedarf wenig technischen Könnens um schnell zu einem hörbaren Resultat<br />

zu kommen. Meistens muss ich von keinen oder geringen musikalischen<br />

Vorkenntnissen ausgehen und mit einigen kleinen Tipps kann man doch<br />

anfangen an einem Lied zu arbeiten. Weil die Ausdauer oft sehr schnell<br />

erschöpft ist, bietet Popmusik schnell ein erkennbares Resultat ohne erst durch<br />

langes Üben zu frustrieren. Musik muss das Ziel unmittelbarer<br />

Bedürfnisbefriedigung werden.<br />

• Popmusik hat eine ich-stärkende Wirkung. Das Resultat ist eine Festigung des<br />

Selbstvertrauens.<br />

• Popmusik eignet sich ideal für das Zusammenspiel in einer kleinen Gruppe, in<br />

der jeder seinen eigenen, unersetzbaren Platz einnimmt. Bei intensiverer<br />

Zusammenarbeit wird die Musik besser und nimmt der Spaß zu. Das bedeutet<br />

automatisch ein sich-Üben in Kommunikation. Den Patienten wird dabei<br />

bewusst, daß sie eine wichtige Rolle in der Gruppe spielen. Wenn sich ein<br />

Patient zum Beispiel ganz weit unten in der Patienten-Hierarchie befindet, aber<br />

doch ganz ordentlich Baßgitarre spielen kann und aus irgendeinem Grund nicht<br />

an einer Gruppenübung teilnimmt, wird er von den anderen vermißt. Vielleicht<br />

vermissen sie ihn noch nicht einmal unbedingt als Person, sondern einfach, weil<br />

die Musik ohne Baßgitarre nicht gut klang. Wenn sie ihn dann irgendwo in der<br />

Klinik treffen, könnten sie sagen: “Mensch, wo warst du denn, du hast uns<br />

gefehlt, ohne dich war’s nicht anzuhören!” Und das kann dann seit langer Zeit<br />

oder sogar zum ersten Mal sein, daß dieser Patient so etwas zu hören bekommt.<br />

• Ein weiterer Grund ist, dass die Arbeit mit Popmusik einen Anknüpfungspunkt<br />

für die unterentwickelte Seite des Patienten bietet. Die Patienten-Generation,<br />

mit der ich arbeite, fühlt sich zu diesem Stil besonders hingezogen. Wollen sie<br />

Musik machen, muss es ihre Musik sein, mit echten Musikinstrumenten. Also<br />

besteht mein Instrumentarium aus E-Gitarren, Baßgitarren, Keyboards, einem<br />

Schlagzeug, Perkussions- instrumenten und einem guten Gesangsverstärker,<br />

denn es wird viel und gerne gesungen.<br />

Wenn die Patienten in dieser ihnen auferlegten Situation an irgendetwas Freude<br />

erleben, ist das nur zu befürworten, denn auch während des Spielens von Popmusik<br />

werden Probleme behandelt. Der durchschnittliche Vergewaltiger hat einem<br />

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