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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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ROLAND WÖLFLE<br />

Durch das Spiel des Mitpatienten konnte er sich jedoch einer derartigen Atmosphäre<br />

nicht entziehen. Daraus resultieren Affekte von Wut und Ärger, die er vorwiegend<br />

auf den Gruppenleiter und auf die Methode, die er sehr entwertete, projeziert.<br />

Diese negative Übertragungskonstellation kann im Laufe des Prozesses bearbeitet<br />

werden und es zeigt sich, dass er aktuell die Gefühle von Angst und Verzweiflung,<br />

die durch eine Brustkrebserkrankung seiner Gattin entstanden waren, stark verdrängt<br />

hatte und bisher nicht in der Lage war, sich diesen zu stellen. Dies war auch<br />

eine wesentliche Funktion des Alkoholkonsums. Eine Folge dieser Abwehr war u.a.<br />

eine Distanzierung von Seiten der Gattin, die ihrerseits die Verleugnung ihrer<br />

Krankheit durch ihren Gatten nur schlecht ertrug. Im Gruppenprozess gelang es<br />

Herrn R., sich mit dieser schweren Thematik auseinander zu setzen. Dabei wurde er<br />

von den Mitpatientinnen und Mitpatienten sehr unterstützt. In einer späteren<br />

Gruppenstunde entwickelte sich die Idee, dass jeder und jede etwas spielen sollte,<br />

was Herrn R. trösten und ihm helfen könnte. Es war dies ein tiefgehender Moment,<br />

der Herrn R. sehr nahe ging, und er war gerührt und dankbar. Es gelang ihm, ein<br />

neues Verhältnis zu seiner Gattin herzustellen und mit ihr über ihre gemeinsamen<br />

Ängste und Nöte zu sprechen. Gegen Ende der Therapie hatte sie einen Operationstermin<br />

und gemäß der lokalen Verhältnisse hat sie eine gute Prognose. Hilfreich<br />

auf dem Weg, sich mit der inneren Not auseinander zu setzen und das Leid anzunehmen,<br />

war eine Sequenz mit einer Kalimba, die er sehr unsicher und ratlos spielte.<br />

Mehrere Gruppenmitglieder assoziierten einen Mann, der in einem Zimmer umhertappt,<br />

ohne einen Ausgang und einen Ausweg zu finden. Er konnte auch Aggression<br />

auf seine Gattin zulassen, als ein Mitpatient für sein Spiel ein Kinderinstrument<br />

auswählte. Er bezeichnet es als „Schnatterhammer“ und assoziierte es mit einer<br />

schimpfenden und unzufriedenen Frau. Mit dem Gefühl der verlorenen Familienharmonie<br />

und der Frage, ob er sich wieder werde einfügen können, beschäftigte er<br />

sich im Rahmen einer Tiefenentspannung mit dem Monochord. Bei der Improvisation<br />

zum Thema: „Wie können wir Herrn R. helfen?“, kamen ganz unterschiedliche<br />

Impulse. Zum einen wurde versucht, ihn aufzumuntern und mit<strong>zur</strong>eißen, andere<br />

spielten ganz verhalten und leise, die Thematik „Tod und Sterben“ war deutlich zu<br />

spüren, etwa durch die Art und Weise, wie das Spiel mit einer Kokosrassel mit dem<br />

Schwenken eines Weihwasserkessels assoziiert wurde. Bei dieser Übung war Herr R.<br />

tief bewegt, ein kathartischer Effekt trat ein, er weinte und war danach erleichtert.<br />

Während er anfangs die Musiktherapie sehr abwertete („Krämerladen“), empfand er<br />

sie abschließend als hilfreich und wertvoll.<br />

2. Machtdemonstrationen bei narzisstischer Persönlichkeitsstörung<br />

Herr F., 49 Jahre, Lkw-Fahrer, geschieden, Aggressionsdurchbrüche, vorbestraft<br />

(Körperverletzung), aufgewachsen in einer Alkoholikerfamilie, war in den 70er-<br />

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