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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Körper - Atem – Musik<br />

Andererseits nimmt er auch Schallwellen auf, allerdings - im Unterschied <strong>zur</strong><br />

Cochlea oder Schnecke, die für die Analyse der Schallwellen zuständig ist - in<br />

ganzheitlicher Form.<br />

Die akustische Grundsituation ist bei allen Menschen sehr ähnlich. Sie besteht<br />

aus dem Herzschlag und der Atmung, Darm-, Muskel-, Gelenk- und anderen<br />

Körpergeräuschen der Mutter (Decker-Voigt 1991, S. 117) Individuelle<br />

Unterschiede richten sich vor allem nach der Art und Weise der mütterlichen<br />

Stimme und ihrer individuellen Lebensumstände. Es wurde nachgewiesen, daß die<br />

Mutterstimme das verbindende Glied für das Kind zwischen dem fetalen Leben und<br />

dem Leben nach der Geburt ist. Das Neugeborene erkennt die Stimme seiner<br />

Mutter aus vielen vorgespielten Tonbeispielen heraus. Dies wird in der<br />

therapeutischen Arbeit mit Frühgeborenen bereits eingesetzt (Nöcker-Ribaupierre<br />

1995). Es scheint im embryonalen Leben um ein Aufnehmen und Verarbeiten von<br />

schwingungsmäßigen Eindrücken zu gehen, die prägend für die weitere Entwicklung<br />

sind. Das Hören bzw. das Ohr sowie die Haut spielen dabei eine entscheidende<br />

Rolle.<br />

Mit viereinhalb Monaten ist der Fetus bereits in der Lage, auf Laute zu reagieren,<br />

da die Entwicklung von Innenohr und Gehörknöchelchen im Mittelohr anatomisch<br />

abgeschlossen ist. Der Hörnerv nimmt seine Funktion auf, wenn der Embryo<br />

anfängt, sich zu bewegen. Tomatis vertritt jedoch die Auffassung, daß die akustische<br />

Wahrnehmung schon vorher beginnt, und zwar eben über den Vestibularapparat, so<br />

daß auch zu früheren Zeitpunkten die Schallreize sehr wohl Reaktionen<br />

hervorbringen können, und zwar solche, die wesentlich auf die Haut beschränkt<br />

sind. Bereits während der Entwicklung des Gehirns sammelt der Vestibularapparat<br />

Informationen, indem er sie aufnimmt, speichert und engrammiert, um sie später<br />

an andere Orte weiter zu geben. Es scheint somit zunächst eine umfassende globale<br />

Integration stattzufinden und erst später, durch Entflechtung, eine Auswertung<br />

dieses ersten, global gespeicherten Materials (Tomatis 1987, S. 62)<br />

Nach Abschluß der Entwicklung des Gehirns und des Nervensystems steht der<br />

Vestibularapparat also über das Rückenmark in nervaler Verbindung zu jedem<br />

Muskel des Körpers. Somit könnte man sagen, daß "das Körpergefühl im Ohr<br />

sitzt". Die Verteilung von Spannungen im Körper, Verkrampfung oder Schlaffheit,<br />

Muskeltonus, Haltung, Motorik und Feinstmotorik werden durch das Ohr als<br />

Kontrollorgan reguliert.<br />

Grundsätzlich ergibt sich aus dem bisher Beschriebenen das ursprüngliche (weil<br />

ontogenetisch frühe) Zusammenwirken von Körper- und Klangerfahrung, von<br />

haptisch-taktilen und akustischen Reizen, von Tastsinn und Gehörsinn, von<br />

Körperhaltung und Hören. Gleichgewichtssinn und ganzheitliches Hören und<br />

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