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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Anklang finden – emotionale Resonanz als psychotherapeutisches Grundprinzip<br />

frühen Abstimmungsprozessen der Affektabstimmung zwischen Mutter und Kind<br />

(engl. affective attunement nach Stern, 1993) erhalten nämlich die in einem weiten<br />

Sinn musikalischen Parameter zentrale Bedeutung (Papousek, 1994; Wegener, 1996;<br />

Stern, a.a.O.; Schumacher, a.a.O.).<br />

Durch die prosodischen Merkmale der sog. Ammensprache mit ihrer bestimmten<br />

Sprachmelodik, den gedehnten Silben und einfachen prototypischen Konturen wird<br />

das Gesprochene recht eigentlich zu einem Gesungenen und die Muttersprache<br />

recht eigentlich zu einer „Musiksprache“. Diese Art der „Ansprache“ wird<br />

unterstützt durch die Körpersprache der Mutter und ist untrennbar damit<br />

verbunden. Diese vokal und körperlich übermittelte Resonanz ist im gelungenen<br />

Fall eine optimale Anpassung an die regulatorischen und integrativen Fähigkeiten,<br />

die kommunikativen Bedürfnisse sowie Erlebnisverarbeitung des Säuglings und<br />

zeigt sich bereits in den ersten fünf Minuten nach der Geburt (Wegener, a.a.O.). Ein<br />

Beispiel ist die Beruhigung unruhiger Kinder durch langgedehnte Silben mit<br />

fallender Melodie; dies entspricht dem Vorgang der körperlichen Entspannung des<br />

Kindes, mit dem verlängerten, „ausseufzenden“ Ausatmen, einer sich einstellenden<br />

„low tension“ (Dornes, 1998), einem Niedersinken und Schwerwerden des Kindes,<br />

wenn es auf dem Arm der Mutter einschläft. Unter „low tension“ verstehen die<br />

Säuglingsforscher einen wachen und entspannten Zustand des Kindes, in dem es<br />

„für sich“ sein kann. Diese Momente werden als wichtige Voraussetzung für<br />

Lernprozesse und Aufmerksamkeit angesehen.<br />

„Musik“ wird von mir in der Musiktherapie denn auch im Rahmen ihrer<br />

prosodischen Merkmale, welche eine Analogie <strong>zur</strong> musikalischen Qualität des<br />

frühen Mutter-Kind-Dialoges zulassen, verstanden und nicht von ihren musikalischästhetischen<br />

Kritierien her. D. h. diese Parameter sind auch die „Bestandteile“<br />

unseres Mediums in der Musiktherapie. Indem wir mit frei (improvisierter) Musik<br />

und mit dem freien, d. h. elementaren Gebrauch unserer Stimme und des Körpers<br />

(in Halt, Berührung, Blick, Geste usw.) arbeiten, haben wir die Möglichkeit, auf<br />

diesem Wege eben jene Resonanzprozesse erfahrbar werden zu lassen. Der<br />

musikalische Dialog in einer so verstandenen Musiktherapie ist dem frühen Dialog<br />

der affektiven Abstimmung zwischen Mutter und Kind sehr nahe. In diesen<br />

Abstimmungsprozessen geht es um eine rhythmische Abstimmung bzw. um die<br />

Abstimmung verschiedener Rhythmen zwischen Mutter und Kind (vgl. dazu die<br />

Wichtigkeit der zeitlichen Abstimmung unserer Interventionen): Sie verläuft nach<br />

bestimmten, von beiden unbewusst erwarteten Mustern in denen sich leiblichaffektiv-kognitives<br />

Empfinden gleichermassen organisiert und reguliert (vgl. in der<br />

Musiktherapie die Bedeutung der musikalischen Form, der Motive, Wiederholung,<br />

von Anfang und Ende und der Pausen).<br />

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