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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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HILDEMARIE STREICH<br />

`Wenn man die anwendet beim Instrumentenbau, dann klingt das Holz anders, und<br />

es riecht auch anders´.“<br />

Die Erschliessung dieses Traumes vermittelte dem kurz vor seiner Pensionierung<br />

stehenden Mann wichtige Anregungen für eine sinnvolle Gestaltung seines kommenden<br />

Ruhestandes: Zum ersten der Impuls, realiter ein Monochord zu bauen. Er<br />

besass eine Begabung für Instrumenten-Bau. Zum zweiten: Sich in Verbindung zu<br />

seinem Schöpfer (der alte weise Mann des Traumes) bewusst anzunehmen und sich<br />

verstehen zu lernen in seiner individuellen Aufgabe, lebendiges Bindeglied zu werden<br />

zwischen Himmel und Erde, zwischen der sichtbaren zeitlichen und der unsichtbaren<br />

ewigen Welt (Streich, 1988, S.234 ff.).<br />

3. Das zerbrochene Cello<br />

In enger Verbindung zum singenden Menschen und <strong>zur</strong> menschlichen Gestalt<br />

stehen die Saiteninstrumente, an deren Form oftmals deutlich das Vorbild des<br />

menschlichen Leibes als Urinstrument erkennbar ist. In den Träumen stehen diese<br />

Instrumente häufig als Bild für die leibseelische Ganzheit des Träumers und für deren<br />

derzeitigen Zustand, sei es nun als Hinweis auf bestehende und zu behebende<br />

Störungen und Verhinderungen oder als Vorentwurf für neue Möglichkeiten der<br />

Entfaltung und Entwicklung.<br />

So träumte z.B. eine 37jährige Sozialpädagogin, die wegen schwerer Depressionen<br />

psychotherapeutische Behandlung aufsuchte, zu Beginn der Therapie von einem<br />

zerstörten und reparaturbedürftigen Cello als einem eindrucksvollen Bild für<br />

die starken Störungen, unter denen sie litt. Sie spielte keinerlei Musikinstrument, war<br />

aber ein musikliebender Mensch. Ihren Traum beschrieb sie so: „Mein Cello ist entzwei.<br />

Ich kann nicht mehr darauf spielen. Die Saiten sind zerrissen. Der Resonanzboden<br />

ist zerbrochen. Nun soll es beim Instrumentenbauer repariert werden. Jemand<br />

sagt: `Das wird lange Zeit dauern, aber mit Geduld und Feinarbeit wird es<br />

wieder ganz werden´“.<br />

Das Cello steht hier im Wesentlichen zeichenhaft für den ganzen Menschen, für<br />

die gestörte, heilbedürftige Gesamtverfassung der Träumerin. Es ist entzwei, sagt<br />

der Traum. Es klingt nicht, weil der Resonanzboden, der Rücken des Instrumentes,<br />

zerstört ist.<br />

Tatsächlich war die Hauptnot dieser Frau eine Entzweiung mit sich selbst und<br />

mit ihrer Umwelt durch einen zerbrochenen seelischen Rückhalt. Durch bestimmte<br />

biographische Umstände hatte sie jeden inneren Rückhalt verloren. Schon in früher<br />

Kindheit erlitt sie schwere Störungen des Urvertrauens durch einen despotischen<br />

Vater und eine zwangskranke Mutter und damit verbunden auch eine Störung der<br />

Religio, der Rückbindung <strong>zur</strong> Transzendenz. Das hatte <strong>zur</strong> Folge ein nicht mehr<br />

Resonanzgeben auf die mannigfaltigen Anklänge des Lebens und bewirkte Verein-<br />

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