wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag
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SILKE JOCHIMS<br />
Generelle Aspekte <strong>zur</strong> Destruktivität<br />
Destruktion schließt im Gegensatz <strong>zur</strong> Aggression Zerstörungswille und Vernichtungsimpulse<br />
ein. Freud definierte den Destruktionstrieb als Todestrieb mit<br />
dem Ziel der Zerstörung des anderen oder der Selbstzerstörung (Fröhlich, 1987, S.<br />
342). Eine Reihe von Autoren sehen Destruktivität als Folge sehr schwerer Versagungen,<br />
Kränkungen und Demütigungen, sowie als Folge besonders hilflos machender<br />
Abhängigkeit (Kast, 1987; Elhardt, 1974; Dörner u. Plog, 1987). Destruktivität<br />
ist demnach eng gekoppelt mit Ohnmachts- und Entwertungsgefühlen. „Töten<br />
ist die radikalste und endgültigste Art des Menschen, seine Ausweglosigkeit auszudrücken,<br />
sein Lebensproblem zu lösen. Sich oder den anderen zu töten, ist zugleich<br />
grundsätzlich eine der Lösungsmöglichkeiten jeder Krise“ (Dörner u. Plog, 1987, S.<br />
326).<br />
Als Hauptauslöser für Krisen, die <strong>zur</strong> Destruktivität führen können, sieht V. Kast<br />
(1987, S. 101) Verluste jeder Art. Die eigene Ohnmacht gegenüber einem mächtigeren<br />
Schicksal wird in Verlusterlebnissen auf bedrohlich reale Weise spürbar. „Auch<br />
der Verlust der Gesundheit ist eine Verlustkrise, die uns tief erschüttert, uns aus<br />
dem normalen Gang unseres Lebens abrupt herausreißt“ (Kast, 1987, S. 125)<br />
Krankheiten, die zu lebenslanger körperlicher und/ oder geistiger Einschränkung<br />
führen, bedeuten den Verlust des gesamten bisherigen Lebensstiles einschließlich<br />
des persönlichen Lebensentwurfes (vgl. Eyraud/Caumer, 1995; Jochims, 1990,<br />
1997) Eine Vielzahl neurologischer Erkrankungen, wie z.B. Schädel-Hirn-Trauma<br />
nach Verkehrsunfall, Zustand nach Reanimation, nach schwerer Virusencephalitis<br />
oder auch nach Schlaganfall u.ä. sind ein Beispiel dafür (vgl. Prosiegel, 1988).<br />
Welch seelische Belastung trifft den Menschen, der ohne innere Vorbereitungszeit,<br />
ohne Vorwarnung eines langsam sich einschleichenden Krankheitszustandes<br />
aus heiterem Himmel nicht mehr laufen, nicht mehr die Hände einsetzen, nicht<br />
mehr die Ausscheidungsfunktionen regulieren kann, darüber hinaus u.U. örtliche,<br />
zeitliche und persönliche Zusammenhänge nicht mehr verstehen kann ...kurz: der<br />
von einem unabhängigen Leben eines Erwachsenen <strong>zur</strong>ückgeworfen wird in die<br />
völlige Hilflosigkeit eines Kindes, verbunden mit der erniedrigenden Demütigung<br />
durch Windeln, Rollstuhl, verwirrt Sein und dergleichen mehr. Hirnverletzung<br />
kommt einem traumatischen Erlebnis sehr nahe, weshalb wohl in der amerikanischen<br />
Literatur das Krankheitsbild mit dem Begriff „Traumatic Brain Injury“ (Arciniegas<br />
et al., 2000) umschrieben wird.<br />
Zum Trauma–Begriff schreiben W. Butollo et al. (1999): „Der Begriff Trauma<br />
bezeichnet medizinisch gesehen eine körperliche Verletzung oder Schädigung durch<br />
einen äußeren Einfluß, eine oft lebensbedrohliche Veränderung von Körpergewebe.<br />
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