29.05.2014 Aufrufe

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zur archetypischen Ebene der Musikwahrnehmung<br />

Gegensatz dazu bezeichnen die Jungschen Kategorien “Selbstwerdung” und<br />

“Individuation” mehr die prozessuale Seite des Phänomens. In diesen<br />

Zusammenhang fügt sich auch die epische Formel der Märchen ein (Propp 1928),<br />

ebenso die rituelle Formel des Sterbens/Wiederauferstehens (van Gennep 1981)<br />

sowie die zyklische Fomel der kosmischen Prozesse (Eliade 1969) usw. Wir denken,<br />

dass dieser Archetyp vor tausenden Jahren erfunden wurde und dank erfahrenen<br />

und gebildeten Personen der Herstellung und Bewahrung von Harmonie in Kosmos<br />

und Gesellschaft diente. Diese Grundformel eines Regelsystems hat zum Ziel, die<br />

maximale Wirkung der Musik zu benützen um Determinationsprozesse mit<br />

musikalischen Methoden voranzutreiben. Wir denken, dass die Fuga eine Art<br />

Repräsentation des rituellen Rennens oder Fliehens ist (über den Fluchtmythos<br />

siehe Propp 1986). Rituelles Fliehen haben wir einmal am Beispiel von König<br />

David erforscht (Simonian, Baghdasarian 2000). Es ist auch sehr interessant, dass im<br />

Heb-Sed Ritual der Altägypter, in welchem es um das Sterben und Wiederauferstehen<br />

des Pharaos geht, die grosse Wichtigkeit der Musikgöttin Merit samt<br />

Musikinstrumenten – Sistren und Menaten – unterstrichen wird (Matie 1996, S. 114<br />

ff.). Auch der Aufbau der klassischen Sonate kann unter den hier dargestellten<br />

Aspekten gesehen werden.<br />

Rein musikalische Archetypen<br />

Das interessanteste Problem in der Erforschung der Archetypen in der Musik ist<br />

wohl der Aspekt der rein musikalischen Archetypen. Wir forschen <strong>zur</strong> Zeit in diese<br />

Richtung weiter. Hier wollen wir nur vier bekannte Formen von<br />

Musikerscheinungen, die schon lange erforscht und diskutiert worden sind,<br />

vorstellen. Sie sind, soweit wir wissen, noch nie als Archetypen besprochen worden.<br />

Es handelt sich um:<br />

a) Quartsprung<br />

b) Füllung der grossen Tonabstände mit schreitender Bewegung<br />

c) Rhythmisches “Herzklopfen”<br />

d) Morphologischer Amphibrachos<br />

Das Quartintervall ist in der Volksmusik zumeist als Übergang aus einer Welt in<br />

eine andere zu verstehen. Wenn wir zu unseren ersten Musikbeispielen<br />

<strong>zur</strong>ückkehren so sehen wir, dass die Quart hier als Grenze für Register<br />

angenommen worden ist. Einige Musikwissenschaftler nennen diese Erscheinung<br />

auch “Rahmen” (Khudabaschian 1996). Die grosse Wirkung und Wichtigkeit dieses<br />

Tonabstandes wurde von vielen Musikern bestätigt (Sachs 1962, Beljaew 1971 usw.)<br />

105

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!