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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Spezifische Aspekte in der musiktherapeutischen Beziehung<br />

Monochord kennenlernte, wollte er nicht, dass dieses Instrument in der Gruppe<br />

benutzt würde, mit dem Argument, dass die Teilnehmer davon psychotisch werden<br />

könnten. Strobel hatte diese Ängste nicht, weil er davon ausging, dass bei Patienten<br />

mit anlaufender Psychose dieses Material aus dem Unbewussten therapeutisch<br />

verarbeitet werden könnte. Bei dem Kollegen entstand aber jedesmal eine<br />

Atmosphäre von Angst, Unsicherheit und Bedrohung, wogegen er keine Abwehr<br />

hatte. Eines Morgens fand Strobel seinen Kollegen in einem psychotischen Zustand.<br />

Es war dies offenbar ein extremes und einmaliges Beispiel dieser Problematik. Eine<br />

ähnliche Atmosphäre hat er in Zusammenhang mit dem Monochord später nicht<br />

mehr erlebt. Hier zeigt sich deutlich, dass jeder Musiktherapeut die eigenen Ängste<br />

des Kontrollverlustes analysieren und verarbeiten muß, um auf eine therapeutische<br />

Weise mit psychiatrischen Patienten umgehen zu können.<br />

Wir möchten natürlich keinesfalls sagen, dass der Therapeut allem gewachsen<br />

sein soll. Im Gegenteil: Durch seine Musik und durch seine therapeutischen<br />

Erfahrungen lernt er seine eigenen Grenzen kennen und respektieren, auch im<br />

Kontakt mit seinen Patienten. Wenn wir zu dem Beispiel mit dem Gong<br />

<strong>zur</strong>ückgehen, könnte man sagen, dass der Therapeut den Gong nur noch<br />

abdämpfen kann, sollte er durch ihn dermaßen überrumpelt werden, daß er die<br />

primären Ängste, die er mit dem Gong assoziiert, nicht mehr verkraften oder<br />

ertragen kann. Wie der Therapeut das macht, hängt von seinem Denken, seiner<br />

Erfahrung und seiner Beziehung zu dem Patienten ab. Es könnte zum Beispiel<br />

sinnvoll sein, dass man den Patienten erkennen lässt, wie man mit diesen Grenzen<br />

umzugehen hat. Man könnte zeigen, wie man beim Überschreiten der auditiven<br />

Schmerzgrenze sich selbst schützen und konstruktiv handeln kann, ohne fordernd,<br />

tadelnd oder aggressiv zu reagieren.<br />

Zuhören<br />

Wie soll der Musiktherapeut dem Patienten zuhören? Der Musiktherapeut kann<br />

dem Patienten in einer Rèverie-Haltung zuhören. Unter Rèverie verstehen wir, daß<br />

der Therapeut genau wie die Mutter es tut, Aufmerksamkeit zeigt gegenüber einer<br />

durch das Kind chaotisch erlebten Situation. Eine Mutter soll innerhalb ihrer<br />

Rèverie-Kapazität die partikulären Erlebnisse, welche ein Kind hat, in eine Art<br />

Ordnung stellen. Sie wird zum Beispiel gefühlsmässig hören, ob der Säugling<br />

Hunger hat oder nicht. Dies passiert bei der Mutter spontan und intuitiv, auf einem<br />

nicht-bewussten Niveau. Es ist Aufgabe des Musiktherapeuten, um auf dieselbe<br />

Weise zuzuhören und mit dem Patienten zu kommunizieren, sich auch in einer<br />

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