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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Anklang finden – emotionale Resonanz als psychotherapeutisches Grundprinzip<br />

reflexiven Bewusstsein, immer mit dem wachen Spüren des eigenen Körpers<br />

gekoppelt (1998, S. 103). Es ist ein in der Aufmerksamkeit auf den Körper<br />

verankertes Bewusstsein. Die Fähigkeit dazu bei der Klientin zu fördern ist für ihn<br />

ein wichtiger, vielleicht der wichtigste Aspekt des therapeutischen Prozesses. Die<br />

Therapeutin unterstützt dabei die Klientin, indem sie ihr eigenes Spürbewusstsein<br />

<strong>zur</strong> Verfügung stellt. Indem die Therapeutin solchermassen genau und ausdauernd<br />

darauf achtet, was während des Kontaktes mit der Klientin in ihr selbst und v.a. in<br />

ihrem körperlichen Empfinden, vor sich geht und indem sie diesen<br />

Körperempfindungen und Körperimpulsen bewusst mehr Raum gibt, wandelt sich,<br />

so Schellenbaum, ihre anfangs oft nur diffus und vage wahrgenommene<br />

Gegenübertragung in eine wache aktive Resonanz. (1998, S. 137 f.)<br />

Resonanzbereitschaft beinhaltet auch die Fähigkeit zu liebendem Mitgefühl.<br />

Emotionale Resonanz ohne Liebe ist (nicht nur) in der therapeutischen Begegnung<br />

sinnlos und wertlos und unter Umständen im Sinne von Manipulation und<br />

Machtmissbrauch für die Patientin schädlich. Unter Liebe möchte ich hier mit<br />

Scharfetter, der von therapeutischem Eros spricht, „eine Haltung des Bejahens, des<br />

positiven Auf-etwas-hin, mit der Einstellung der Wertschätzung und des Gedeihenwünschens“<br />

verstehen. Er schreibt: „Die therapeutische Liebe ist gerichtet auf die Person des<br />

Patienten[...]nicht[auf]einen abstrakten, substantialisierten Morbus, den der Patient<br />

„hat“ und den der Therapeut beseitigt.“ (Scharfetter, 1993, S. 255, Hervorhebungen<br />

v. d. A.).<br />

Emotionale Resonanz als liebendes Mitgefühl (engl. compassion) entspringt nicht<br />

zuletzt der Leidensfähigkeit der Therapeutin. Die Fähigkeit des Mit-Leidens basiert<br />

wesentlich auf dem Zulassen und der Bewusstheit der eigenen Verwundung und<br />

Verwundbarkeit und erwächst letztlich aus einer zugewandten, versöhnten Haltung<br />

dem eigenen Leiden gegenüber und aus der Erfahrung der Transformation der<br />

eigenen Verwundungen.<br />

Compassion geht über den Begriff Empathie noch hinaus und bezeichnet eine<br />

Haltung, in der ein Mensch gleichzeitig mit dem anderen von dessen Leiden<br />

ergriffen und berührt wird, dieses mit ihm gemeinsam aushält, den Ausdruck dieses<br />

Leidens zulässt (ihm also Raum gibt), ohne vorschnell etwas damit zu „machen“, es<br />

zu verändern oder „wegzutherapieren“. Damit ist eine Haltung des aktiven Mitseins<br />

und Mitleidens gemeint. Dies ist etwas anderes als Mitleid haben.<br />

Wechselseitigkeit emotionaler Resonanz bedeutet aber auch, dass dieser Prozess<br />

für beide die Chance der Verwandlung und des Heilwerdens beinhaltet. In diesem<br />

Zusammenhang wird z.B. in schamanistischen Kulturen vom verwundeten Heiler<br />

gesprochen. Im Jung´schen Sinn ist der Heilungsarchetyp nach Frick (1996) in<br />

einem doppelten Beziehungsaspekt zu verstehen: Er spricht vom inneren Heiler im<br />

Patienten und vom inneren Patienten des Therapeuten.<br />

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